ICANN: Spam-Bekämpfung und neue Top Level Domains

Auf dem ICANN-Treffen in Wellington warb Neusselands Informationsminister für ein regierungsübergreifendes Anti-Spam-Abkommen und forderte, die Aufgaben der ICANN bei der DNS-Verwaltung auch bei dieser Institution zu belassen.

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Von
  • Monika Ermert

Ein Abkommen internationaler Regierungen im Kampf gegen Spam hält der Neuseeländische Minister für Informationstechnologie, David Cunliffe, für notwendig. Cunliffe nannte zum Auftakt des Treffens der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington ein solches multilaterales Abkommen ein Beispiel für eine verbesserte multilaterale Zusammenarbeit in Fragen globaler Internetpolitik (Internet Governance). Neuseeland bereite augenblicklich ein Anti-Spam-Gesetz vor. "Wenn wir dieses Gesetz verabschiedet haben, werden wir uns für bilaterale, wechselseitige Maßnahmen mit anderen Ländern verständigen", kündigte Cunliffe an. Ein multilaterales Abkommen gegen Spammer könnte die Maßnahmen effektiver machen.

Mit dem Heraustellen der Spam-Bekämpfung als einer gemeinsamen Aufgabe internationaler Regierungen verband Cunliffe zugleich das Bekenntnis, der ICANN ihre Aufgaben bei der DNS-Verwaltung zu belassen. Der Minister führte zur Begründung das Motto "If it ain't broken, dont fix it" an. Die ICANN hat sich Cunliffe zufolge als "Saatbeet für Innovationen" erwiesen. Zwar sei es wichtig, dass sich Regierungen um die "Gesundheit" des Internet kümmerten und sich damit auch für die Aufgaben der ICANN interessierten. Zugleich sei er aber überzeugt, dass die Aufgaben der DNS-Vewaltung von ICANN gut erledigt würden. ICANN-Präsident Paul Twomey bedankte sich bei Cunliffe prompt für die Unterstützung seiner Organisation während des Weltgipfels der Informationsgesellschaft.

Die Rolle der Regierungen innerhalb der ICANN, und zwar im so genannten ICANN-Regierungsbeirat (Governmental Advisory Committee – GAC), sind indes Thema beim heute gestarteten Treffen. ICANN-Vizepräsident Alejandro Pisanty berichtete gegenüber den Managern von Länderdomains aus aller Welt von Gesprächen innerhalb eines Komittees, das vom ICANN-Vorstand und GAC eingerichtet wurde. Das Komitee befasse sich mit der bei WSIS vereinbarten "verbesserten Zusammenarbeit". Vielen Regierungen ist etwa der Zusatz "beratender" Regierungsbeirat seit längerem ein Dorn im Auge: Die Regierungen sind im ICANN-Vorstand zwar vertreten, aber nicht stimmberechtigt.

Zum Schwur über die wahren Machtverhältnisse kann es kommen, wenn der Vorstand über die von Regierungsseite heftig kritisierte .xxx-Top Level Domain entscheidet. Der Vorsitzende des ehrenamtlichen Vorstands, Vint Cerf, sagte Regierungsvertretern in einer gemeinsamen Sitzung heute, man erwarte im Lauf der Woche eine Aussage der Regierungen, ob sie noch eine Stellungnahme abgeben wollten. Das Gezerre um den Vertrag mit der International Foundation for Online Responsibility (IFFOR) dauert nun bald ein Jahr an. Die Bedenken der US-Regierung zu übergehen, die ihr kurz vor dem Wellington-Treffen vorgetragen wurden, dürfte der ICANN allerdings schwerfallen. Inzwischen stellt die ehemalige Europaabgeordnete Elly Plooij-van Gorsel in einem zuerst von der Financial Times veröffentlichten Brief die Frage, ob internationle Regierungen dem Druck der Supermacht in der .xxx-Frage nachgeben wollen. Im übrigen ist die Regierung der Vereinigten Staaten nicht die einzige, die gegen den Rotlichtbezirk im Netz intervenierte, auch die EU hatte sich mehrfach, zuletzt in einem Schreiben vom 17. März (PDF-Dokument), an ICANN-Chairman Cerf gewandt.

Über die .xxx-Frage tritt in den Hintergrund, inwieweit die Regierungen auf das Auslaufen verschiedener Verträge zwischen der US-Regierung und ICANN reagieren werden. Bereits kommende Woche läuft der Vertrag aus, der der ICANN die Aufgaben der IANA überträgt. Im September endet das so genannte Memorandum of Understanding (MoU), das die ICANN als Ganzes an die US-Regierung bindet. Der von der US-Regierung mit großer Verspätung veröffentlichte "Request for Information" steht ebenso auf der Tagesordnung der in Wellington vertretenen Regierungsvertreter wie eine mögliche Übernahme des derzeit von der Europäischen Kommission verwalteten GAC-Sekretariats durch die indische Regierung. Die EU werde das Sekretariat nicht unbegrenzt weiterführen, sagte ICANN-Vize Pisanty verklausuliert gegenüber den Länderdomainmanagern. Eine mögliche Aufgabe des GAC-Sekretariats durch die Europäer käme dabei genau in dem Moment, in dem die Europäer Beobachtern zufolge bilaterale Gespräche mit den USA über die Aufsicht der Netzverwaltung führen.

Als Hauptthemen in Wellington nennt die ICANN die Fortentwicklung des Strategischen Planes bis 2009, die Debatte um die künftige Einführung neuer Top Level Domains und dabei insbesondere auch das Thema Internationale Top Level Domains. Der Chef des Registrargremiums bei der ICANN, Bhavin Thurakhia, CEO des indischen Registrars Directi.com, erklärte gegenüber heise online zudem die Auseinandersetzung rund um den .com-Vertrag mit VeriSign für noch nicht ausgestanden. (Monika Ermert) / (ssu)