Bundestag besorgt über "unaufhörliches Anwachsen von Datenbeständen"

Der Innenausschuss des Parlaments hat einen fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag angenommen, der die besondere Gefährdung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung vor allem durch das Internet kritisiert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 143 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Der Innenausschuss des Bundestags hat am heutigen Mittwoch einen fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag zum 22. Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten angenommen. Darin wird die besondere Gefährdung der informationellen Selbstbestimmung durch technische Entwicklungen und das damit veränderte Kommunikationsverhalten kritisiert. Die Innenpolitiker sehen mit Sorge, wie es "die Vielzahl der Datenverarbeitungen und das unaufhörliche Anwachsen von Datenbeständen" den Bürgern immer schwerer macht, ihr Selbstbestimmungsrecht auszuüben. Eine Stärkung der Rechte der Betroffenen hält der Ausschuss daher für "dringend geboten".

Abhilfe erhoffen sich die Abgeordneten von einer "engeren Zweckbindung" der Datenverarbeitung. Sie erinnern daran, dass eine Profilbildung nur zulässig sei, "wenn sie durch eine entsprechende gesetzliche Grundlage erlaubt ist oder der Betroffene wirksam eingewilligt hat". Generell müsse die Sammlung personenbezogener Daten ohne Kenntnis der Betroffenen "wieder zur Ausnahme werden". Rechte auf Auskunft, Löschung, Sperrung oder Widerspruch seien bürgerfreundlicher auszugestalten und sollten "auch im Kontext des Internet einfach handhabbar und realisierbar sein". Neben gesetzlichen Regelungen könnten aber auch Selbstverpflichtungen der beteiligten Branchen das Datenschutzniveau verbessern.

Für unerlässlich halten es die Parlamentarier, dass auch die Bürger selbst "verantwortungsvoll mit ihren personenbezogenen Daten umgehen und die Möglichkeiten technischer Schutzmaßnahmen nutzen". Aufklärung gerade von Kindern und Jugendlichen und Vermittlung des entsprechenden technischen Know-how seien daher "wichtige datenschutzpolitische Ziele". Die Regierung solle sich diesen Aufgaben etwa durch die Errichtung der geplanten "Stiftung Datenschutz" verstärkt widmen, für die der Bundestag jüngst erste Mittel freigegeben hat.

Die heise online vorliegende Resolution fordert die Exekutive zudem auf, sich in den anstehenden Verhandlungen über die Novellierung der allgemeinen EU-Datenschutzrichtlinie für die Sicherung eines hohen Datenschutzniveaus entsprechend der deutschen Bestimmungen einzusetzen. Angesichts der "ständig fortschreitenden globalen Vernetzung" müssten zudem "internationale Instrumente" entwickelt werden, die den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen wirksam gewährleisten. Sinnvoll sei daher die Absicht Brüssels, dafür etwa in einem transatlantischen Datenschutzabkommen Voraussetzungen zu schaffen.

Der Antrag verweist darauf, dass staatliche Stellen zunehmend die ihnen eingeräumte Befugnis nutzten, sich per Abrufverfahren über die von Bürger eingerichteten Konten zu informieren. Hierbei handele es sich um Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, bei denen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten sei. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, "schnellstmöglich den Prüfauftrag aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und nach Auswertung der Ergebnisse der stetigen Ausweitung der Abfragen durch wirksame Maßnahmen zu begegnen".

Bewusst sind sich die Abgeordneten zudem der "datenschutzrechtlichen Vorbehalte", die bei vielen Bürgern hinsichtlich der Volkszählung 2011 beständen. Gerade deswegen sei eine datenschutzkonforme Durchführung des Zensus "unabdingbar". Nicht zuletzt haben die Parlamentarier auch die Forderung von Datenschützern übernommen, wonach beim Einsatz intelligenter Stromzähler die Erstellung umfangreicher Nutzerprofile zu vermeiden sei. (vbr)