Amazon: Ausfälle bei den europäischen Websites

Die europäischen Webseiten von Amazon waren am Sonntagabend einige Zeit nicht erreichbar. Der Online-Einzelhändler weist aber Spekulationen zurück, DDoS-Angrifffe wegen der Verbannung von Wikileaks aus Amazons Hosting-Plattform seien dafür verantwortlich.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die europäischen Webseiten des Online-Händlers Amazon waren am Sonntagabend einige Zeit nicht erreichbar. Amazon-Kunden, die beispielsweise amazon.de aufrufen wollten, bekamen nur einen Fehlerhinweis zu sehen. Auch in Großbritannien, Frankreich und Italien waren am Sonntagabend die Server von Amazon nicht mehr erreichbar, während die US-Server von Amazon.com keine Ausfälle zeigten. Gegen 23.00 Uhr waren die europäischen Server wieder online. Der Ausfall der Online-Handelsplattform am Abend des dritten Adventsonntags dürfte Amazon erhebliche Umsatzausfälle bescheren.

Erste Spekulationen, die Ausfälle seien auf DDoS-Angriffe im Rahmen der von Anonymous organisierten Operation: Payback zurückzuführen, wies der Online-Einzelhändler zurück: Ein Hardware-Ausfall im europäischen Datencenter habe zu dem Ausfall geführt, keine DDoS-Attacke, erklärte Amazon laut dpa in einer Stellungnahme. Die Probleme der europäischen Amazon-Websites seien nicht auf Aktivitäten von Wikileaks-Sympathisanten zurückzuführen.

In den vergangen Tagen waren Websites von Finanzdienstleistern, die Konten oder Zahlungen für die Whistleblower-Site sperrten, das Ziel der DDoS-Angriffe, die durch Operation: Payback koordiniert wurden (siehe dazu auch: Operation Payback: Proteste per Mausklick). Zuletzt wurde moneybookers.com lahmgelegt; auch die Websiten von Staatsanwaltschaft und Polizei in den Niederlanden, wo der erste Verdächtige wegen der DDoS-Angriffe festgenommen wurde, waren zeitweise nicht erreichbar. Zwar hatten einzelne Aktivisten auch davon gesprochen, Amazon ins Visier zu nehmen, da Amazon die Wikileaks-Inhalte vor einigen Tagen aus seienr Cloud-Hosting-Plattform verbannt hatte.

Bereits vergangene Woche hatte es in einer Mitteilung von Anonymous allerdings geheißen, man habe nicht die Absicht, kritische Infrastrukturen anzugreifen. Die Aktivisten sprachen sich dabei auch gegen einen Angriff auf Amazon aus: Man sei möglicherweise nicht stark genug, amazon.com mit seiner weit verteilten Server-Struktur in die Knie zu zwingen, vor allem aber würden Verbraucher durch solche Angriffe behindert: "Einfach gesagt: Einen großen Online-Einzelhändler anzugreifen, wenn die Leute Geschenke für ihre Lieben kaufen, wäre geschmacklos."

Amazon hatte wie die anderen angegriffenen Unternehmen betont, nicht auf einen Befehl der US-Regierung hin gehandelt zu haben. Vielmehr habe Wikileaks gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen. Unterstützer von Wikileaks werfen den Konzernen hingegen eine ungerechtfertigte Vorverurteilung vor, da nirgendwo ein Nachweis erbracht worden sei, dass Wikileaks mit der Veröffentlichung der US-Depeschen das Gesetz gebrochen habe. Auch beispielsweise die UN-Menschenrechtskommissarin kritisierte das Vorgehen gegen Wikileaks. Die Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilte die Maßnahmen scharf: "Es ist das erste Mal, dass wir einen Versuch der internationalen Gemeinschaft beobachten, eine Website zu zensieren, die dem Prinzip der Transparenz gewidmet ist."

Derweil versucht Twitter immer wieder Accounts zu sperren, die für die Koordinierung der Anonymous-Aktivitäten anglegt wurden. Schnell tauchen dann aber neben IRC-Channeln immer neue Accounts und Webseiten auf, über die Informationen weitergegeben werden. Gleichzeitig hat Operation Leakspin die Arbeit aufgenommen: Statt die DDoS-Angriffe weiterzuführen, solle man die Wikileaks-Archive nach bislang wenig beachteten Veröffentlichungen durchforsten und massenhaft zu verbreiten, hatte es in einem Anonymous-Aufruf geheißen.

Siehe dazu auch das Interview mit Evgeny Morozov auf Telepolis:

(jk)