HSPA hängt DSL ab

Durch eine Kombination technischer Verbesserungen soll die auf UMTS aufsetzende Datentechnik HSPA sowohl die Kapazität von Mobilfunkzellen verbessern als auch die Spitzendatenrate erneut erheblich erhöhen.

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Das 3rd Generation Partnership Project (3GPP) will die Spezifikation des Mobilfunkstandards HSPA mit einer weiteren Stufe vorantreiben. HSPA, High Speed Packet Access, fasst Datenübertragungsverfahren zusammen, die auf der aktuellen Mobilfunktechnik UMTS gründen und bisher 168 MBit/s in Empfangsrichtung und 23 MBit/s in Senderichtung spezifizieren (Release 9 und 10). Die nun geplante Zündstufe namens "Long Term HSPA Evolution" sieht in den Mobilfunknetzen der dritten Generation (3G) bis zu 672 MBit/s im Download und 70 MBit/s im Upload vor. Netzbetreibern stünde damit eine weitere Technik für rasante Übertragungsraten jenseits von DSL zur Verfügung. Bislang sind dabei Long Term Evolution (LTE) und LTE Advanced führend, beides Techniken für Mobilfunknetze der vierten Generation (4G).

Long Term HSPA Evolution soll sich einige Tugenden von LTE Advanced abschauen und dabei die Abwärtskompatibilität zu älteren UMTS- und HSPA-Verfahren wahren und die leitungsorientierte Sprachverbindung einschließen. Beschlossen wurde nun, die Details für mehrere zentrale Merkmale auszuarbeiten. Ein Mehrträgerverfahren soll die aktuell auf 5 und 10 MHz festgenagelte Bandbreite erweitern (Multicarrier Evolution) und dabei die bereits für ältere HSPA-Stufen verwendeten Techniken Beamforming und MIMO ebenfalls nutzen. Mit Beamforming richten Basisstationen ihre Sendeleistung spezifisch in Richtung des Empfängers aus, per MIMO-Verfahren lassen sich mehrere räumlich separierte Datenströme mittels mehrerer Antenen zugleich übertragen; Long Term HSPA Evolution soll zwei (2x2) oder vier (2x4) Empfangsantennen spezifizieren. Umgekehrt, in Senderichtung, sollen die Teilnehmergeräte nicht nur eine, sondern bis zu zwei Antennen nutzen.

Besonders spannend erscheint die Methode, nach der Endgeräte gleichzeitig Daten von mehr als einer Basisstation empfangen (Multipoint-Transmission). Am Rand von UMTS-Zellen steigert dieses Verfahren die Übertragungsqualität erheblich, denn statt zweier einander störender Nachbarzellen gibt es dann zwei kooperierende, die die an der Schnittfläche befindlichen Nutzer besser versorgen.

Das Funksignal soll bis zu 40 MHz breit sein dürfen; bisher sind für UMTS entweder 5 MHz oder 10 MHz Bandbreite spezifiziert. Da aber kaum ein Netzbetreiber über einen so breiten Frequenzblock verfügt, kommt Multicarrier Evolution ins Spiel. Damit sollen bis zu acht Frequenzsegmente für eine Datenübertragung kombiniert werden können; auch dieser Ansatz ist eine Anleihe aus den LTE-Spezifikationen.

Nokia Siemens Networks, nach eigenen Angaben Weltmarktführer bei HSPA-Netzen, beschreibt in einem White Paper (PDF) zusätzliche Optionen für die HSPA-Weiterentwicklung. 4x4 MIMO soll die Zellkapazität verdoppeln. Selbstorganisierende Netze sollen die Endgeräte der Nutzer als Sensoren einsetzen, um andere Zellen zu erkennen. Dies würde etwa in Hochhäusern sowie bei Übergängen zwischen Netzteilen helfen, Verbindungsabbrüche oder suboptimale Versorgung zu vermeiden. Kritische Übergänge zwischen Netzteilen gibt es sowohl im Freien, als auch im Untergrund und in Gebäuden. Und schließlich sollen LTE und HSPA eines Tages zusammenarbeiten: Ein Endgerät könnte dann gleichzeitig Datenstromteile von einem HSPA- und einem LTE-Sender empfangen. Noch ist freilich offen, wann das sein wird. Zunächst muss die neue Spezifikation überhaupt erst ausgearbeitet werden. In freier Wildbahn sind ohnehin nacheinander die bereits spezifizierten HSPA-Stufen gemäß Release 7, 8, 9 und 10 zu erwarten. Sie versprechen Empfangsraten ab 28 MBit/s. Gegenwärtig liefern die deutschen Mobilfunknetze bis zu 21,6 MBit/s und liegen damit auf ähnlichem Niveau wie ADSL2+-Anschlüsse über das Telefonkabel. (dz)