"Kalte" Kernfusion wieder aufgewärmt

Vor über drei Jahren erhitzte ein Experiment die Gemüter, das auf eine geglückte Kernfusion im Labormaßstab hindeutete -- nun konnten Forscher der Univeristät Purdue die Ergebnisse angeblich erstmals reproduzieren.

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Von
  • Volker Zota

Vor über drei Jahren erhitzte ein Experiment die Gemüter, bei dem Rusi Taleyarkhan und Kollegen Hinweise auf eine geglückte Kernfusion im Labormaßstab gefunden hatten. Die Physiker hatten deuteriertes Aceton mit Schallwellen bestrahlt, die in der Flüssigkeit kleine Bläschen erzeugten. Gleichzeitig beschossen sie die Versuchsanordnung mit schnellen Neutronen: Detektoren registrierten eine für die Fusion charakteristische Neutronenemission -- außerdem ließ sich das Fusionsprodukt Tritium in der Flüssigkeit nachweisen. Allerdings konnten die Resultate in Kontrollexperimenten anderer Physiker nicht reproduziert werden. Bei der Fusion von Deuterium (d + d → 3He + n) werden Neutronen mit einer Energie von 2,5 Megaelektronenvolt (MeV) freigesetzt -- deren Nachweis weist auf eine geglückte Fusion hin.

Nun scheint es neue "statistisch relevante" Ergebnisse zu geben, die Taleyahrkans Experimente bestätigen. Die Forscher Yiban Xu und Adam Butt von der Purdue University veröffentlichten einen entsprechenden Artikel bereits in der Mai-Ausgabe des Journals für Nuclear Engineering and Design, wie die Purdue-Universität vor wenigen Tagen mitteilte. Als Neutronenquelle setzten die Wissenschaftler nicht wie Taleyahrkan einen "Pulse Neutron Generator" ein, der Neutronen in Form gepulster Strahlen auf das Aceton schießt, sondern bestrahlten das Aceton mit einem kontinuierlichen Neutronen-Strom.

Einem Skeptiker könnte es allerdings seltsam erscheinen, dass Taleyahrkan inzwischen ebenfalls in Purdue forscht und die beiden Autoren des Artikels mit Kusshand in seine Arbeitsgruppe aufnahm -- ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Um ebensolchen Vermutungen entgegenzuwirken, weist die Universität in ihrer Mitteilung darauf hin, dass das Fusions-Forschungsprojekt bereits begann, bevor Taleyahrkan an die Purdue University wechselte und die Ergebnisse vorlagen, bevor Xu und Butt in Taleyahrkans Team wechselten.

Normalerweise geht es bei der Kernfusion alles andere als kalt zu: Ähnlich wie in der Sonne verschmelzen in einem Fusionsreaktor die Kerne der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium bei rund 100 bis 200 Millionen Grad Celsius zu Heliumkernen und setzen dabei ungeheure Mengen an Energie frei. Da kein Material die enorme Hitze aushält, muss das Plasma daher mit extrem starken Magnetfeldern schwebend gefangen gehalten werden. Der als Machbarkeitsstudie für Kernfusion geplante Internationale Thermonukleare Fusions-Reaktor (ITER) soll in der Provence errichtet werden und 10 Milliarden Euro an Forschungsgeldern verschlingen.

Siehe dazu auch in Telepolis: (vza)