EU-Innenpolitiker streiten über Löschen statt Sperren

Die Berichterstatterin im federführenden Innenausschuss des EU-Parlaments, Roberta Angelilli, hat ihren Kompromissvorschlag im Streit um Websperren erläutert und Blockaden als Zusatzmaßnahme bei langwierigen Löschverfahren bezeichnet.

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Die Berichterstatterin im Innenausschuss des EU-Parlaments, Roberta Angelilli, hat ihren Vorschlag im Streit um Websperren erläutert. "Höchste Priorität" müsse das Entfernen kinderpornographischer Inhalte an der Quelle haben, erklärte die konservative Politikerin am heutigen Montag in Brüssel. Blockaden einschlägiger Webseiten könnten aber als Zusatzmaßnahme von den Mitgliedsstaaten eingesetzt werden, wenn die Inhalte auf Servern außerhalb der EU lagerten oder das Löschen "zu lange dauert". Viele Provider seien imstande, Sperren sehr schnell einzuleiten. Selbst wenn ein Löschvorgang beispielsweise sechs Stunden dauere, könnten zwischenzeitlich Blockadesysteme greifen: "Dann bleibt mehr Zeit für das Entfernen."

Während die EU-Kommission auf dem Ansatz beharrt, Sperren vorzuschreiben, sehen Abgeordnete den Aufbau von Sperrinfrastrukturen skeptisch und setzten sich für eine Klarstellung ein, dass zunächst alle Mittel für Löschbemühungen ausgeschöpft werden müssten. "Wir wollen als einziges, dass die Fotos komplett verschwinden und von niemand mehr gefunden werden können", betonte Nadja Hirsch, Schattenberichterstatterin im Kulturausschuss. Dies sei erforderlich für den Opferschutz. Nur wenn ein Entfernen der Missbrauchsbilder partout nicht erreicht werden könne, seien auf nationaler Ebene Blockaden denkbar. Dafür drängte die FDP-Politikerin auf eine gesetzliche Basis.

Cecilia Wikström befürwortete zunächst den Ansatz, nicht allen Mitgliedsstaaten eine Pflicht zum Sperren aufzuerlegen. Vor allem in den EU und den USA müsse im Gegensatz dazu eine Auflage zum Löschen von Kinderpornographie "selbstverständlich" sein. Nicht zuletzt das massive Vorgehen gegen Phishing-Seiten zeigt für die Liberale, "dass schnell und effizient gelöscht werden kann". Cornelia Ernst monierte für die Linken, dass die Linie zum Löschen auch in den Empfehlungen Angelillis bisher eher "Wischiwaschi" seien. Das Entfernen von Missbrauchsbildern müsse stärker angegangen werden.

Ins gleiche Horn stieß Jan Philipp Albrecht, innenpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament. Er sprach sich dafür aus, Sperren nicht den Mitgliedsstaaten zu überlassen. Die Abgeordneten müssten eine deutliche Position beziehen, dass sie keine Blockaden wollten, schon gar nicht ohne gesetzlichen Rahmen. Die derzeit als "halbherzig" kritisierten Löschbemühungen der Strafverfolger seien durch eine intensivere internationale Kooperation zu verbessern. Der CDU-Politiker Axel Voss brach dagegen eine Lanze für die von ihm als "essenziell" bezeichneten Sperren. Alle Versuche zum Löschen dauerten eine Weile, sodass zwischenzeitlich Blockaden verpflichtend vorgeschrieben werden müssten.

Sitzungsleiterin Sophie in't Veld bezeichnete den Kompromissentwurf der Berichterstatterin als wichtigen Schritt. Die verbliebenen Sperrmöglichkeiten ließen aber "noch viele Fragen offen". Die von dem Kommissionsvertreter ausgeführten Unterschiede in der Einschätzung der Effizienz von Blockaden leuchteten der Liberalen nicht ein. Wenn es derzeit zu lange dauere, Missbrauchsbilder aus dem Web zu entfernen, müsse die Polizei hier ihre Prioritäten anders setzen. (vbr)