Verfassungsbeschwerde gegen Kfz-Scanning in Hessen

Ein hessischer Autofahrer sieht den Ende 2009 in Hessen wiedereingeführten Massenabgleich von Fahrzeugkennzeichen als verfassungswidrig an.

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Ein hessischer Autofahrer hat beim Bundesverfassungsgericht gegen den Massenabgleich von Fahrzeugkennzeichen geklagt. Der Datenschützer Patrick Breyer hat nun die im Dezember eingereichte Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 3187/10, PDF-Datei) auf seiner Website veröffentlicht. Der Autofahrer meint demnach, dass das dem Abgleich zugrundeliegende Landesgesetz unverhältnismäßig weit in die Grundrechte von Millionen unbescholtener Autofahrer eingreife. Das Gesetz ermögliche einen "dauerhaften, systematischen und großflächigen Abgleich aller Kraftfahrzeuge an einer unbestimmten Vielzahl von Orten und Straßen" in Hessen. Selbst zum Schutz beliebiger "privater Rechte" werde ein Kfz-Massenabgleich zugelassen. Das hessische Gesetz umgehe die Strafprozessordnung, welche Kontrollstellen etwa zum Stellen von Autodieben nur in sehr engen Grenzen zulasse.

Der Beschwerdeführer erläutert, die eingesetzte Technik weise Fehlerquoten von 5 bis 40 Prozent auf. Das Gesetz erlaube auch die verdeckte Erstellung von Bewegungsprofilen. Dadurch könnten Menschen von der Teilnahme an Demonstrationen abgeschreckt werden. Ein routinemäßiger Abgleich beliebiger Kfz-Kennzeichen ebne möglicherweise den Weg auch für eine zukünftige elektronische Gesichtskontrolle beliebiger Bürger, meint der Beschwerdeführer. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich auch gegen eine Ermächtigung hessischer Polizisten zur Auslieferung von Daten an das europäische Ausland. Die Daten könnten hochsensibel sein und etwa aus Wohnungs- oder Telefonüberwachungen stammen, ohne dass die Weiterverwendung im Ausland ausreichenden Schutzvorkehrungen unterliege.

Hessen hatte Kfz-Kennzeichen bereits von Januar bis April 2007 abgeglichen. Im März 2008 erklärte das Bundesverfassungsgericht das hessische und ein schleswig-holsteinisches Gesetz zum Kfz-Massenabgleich für verfassungswidrig. Schleswig-Holstein verzichtete in der Folge auf diese Form der Überwachung, während sie die hessische CDU-FDP-Regierung Ende 2009 wieder einführte. Bremen, das Saarland und Rheinland-Pfalz haben ihre Regelungen gestrichen. Gegen verbleibende Gesetze in Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen sind Verfassungsbeschwerden beziehungsweise Klagen anhängig. (anw)