Die Welt in 5 Gigabyte
Der neue Mobilfunkstandard LTE sollte ländliche Gebiete in Deutschland endlich mit Breitband-Internet versorgen. Doch derzeit sieht alles danach aus, als würden die Menschen dort weiterhin Netzbürger zweiter Klasse bleiben.
Der neue Mobilfunkstandard LTE sollte ländliche Gebiete in Deutschland endlich mit Breitband-Internet versorgen. Doch derzeit sieht alles danach aus, als würden die Menschen dort weiterhin Netzbürger zweiter Klasse bleiben.
Die Bundesregierung hat sich die Beseitigung des "Digital Divide" auf die Fahnen geschrieben: Künftig soll man nicht mehr nur in ordentlich bevölkerten Regionen schnelles Internet erhalten, sondern auch in dünn besiedelten Dörfern auf dem Land. Das sind jene Regionen, die Deutsche Telekom, Kabel Deutschland und Co. derzeit aufgrund der niedrigen Gewinnerwartungen gerne außen vor lassen.
Die bisher bekanntgewordenen Pläne sind allerdings nicht nur deshalb kritikwürdig, weil sie mit Zielen wie einem Megabit für alle bis Ende vergangenen Jahres eher aus dem Bereich der gemeinen Tiefstapelei zu stammen scheinen. Sondern auch deshalb, weil die derzeit angedachten Technologien dafür sorgen könnten, dass die Menschen in ländlichen Gebieten weiterhin Netzbürger zweiter Klasse bleiben.
Wichtigstes Instrument für die Online-Versorgung auf dem platten Land soll bei uns die Mobilfunktechnik der vierten Generation werden. LTE-Pilotversuche der großen Netzbetreiber laufen mittlerweile. In der Fläche ist eine Versorgung über die digitale Dividende um 800 MHz geplant, wo dereinst Analog-TV-Sender funkten. Die möglichen Bandbreiten bewegen sich zwischen 3 und maximal 50 Megabit pro Sekunde – Letzteres dürfte allerdings praktisch nie erreichbar sein.
Bei den Tarifen lässt sich nun bereits im LTE-Pilotbetrieb sehen, wo die Reise hingeht. Die Top-2-Anbieter Deutsche Telekom und Vodafone präsentieren den Usern zu Preisen zwischen 30 und 70 Euro eine Welt, in der es keine Pauschaltarife mehr gibt. Die kleinsten Tarife zu 30 (Vodafone) bzw. 40 Euro (Telekom) enthalten jeweils nur fünf Gigabyte im Monat, die man mit schnellster Geschwindigkeit versurfen kann. Das entspricht einem einzigen HD-Film. Danach schaltet das Netz auf Kriechgang um.
Doch es kommt potenziell noch schlimmer. In Großbritannien hat die Telekom-Tochter T-Mobile gerade damit begonnen, ihre "Fair Use Policy" – ein Euphemismus, mit dem Provider ihre Pseudo-Flatrates beschreiben – extrem anzupassen. Künftig dürfen Kunden dort nur noch 500 Megabyte im Monat uneingeschränkt verbrauchen, was nach einem ausgiebigem Surftrip auf YouTube an einem Nachmittag erledigt sein kann. Der zynische Tipp des Unternehmens: "Wer etwas herunterladen, streamen oder als Videoclip ansehen will, sollte sich das für den heimische Breitbandzugang aufsparen." Blöd nur, wenn man den auf dem Land gar nicht erst kriegen kann. (bsc)