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Ein neuartiger optischer Scanner erfasst Fingerabdrücke aus einer Entfernung von bis zu zwei Metern.

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Von
  • Sandra Swanson

Ein neuartiger optischer Scanner erfasst Fingerabdrücke aus einer Entfernung von bis zu zwei Metern.

In den vergangenen Jahren wurde das Erfassen von Fingerabdrücken ständig verbessert: Was einst mit Tintenflecken verbunden war, erfolgt nun mittels Scanner direkt am Computer. Mittlerweile gibt es sogar Systeme, die berührungslos arbeiten: Dazu wird der Finger über eine Erkennungsfläche gehalten.

Das US-Unternehmen Advanced Optical Systems (AOS) treibt die Technik nun noch einen deutlichen Schritt weiter: Ihr "Airprint" genanntes Verfahren kann Fingerabdrücke aus einer Entfernung von bis zu zwei Metern erfassen. Der Ansatz würde sich beispielsweise für besondere Gefahrensituationen eignen, etwa an einem Checkpoint in Kriegsgebieten.

Das AOS-System arbeitet mit einem mehrstufigen Verfahren. Dabei wird zunächst verschieden polarisiertes Licht auf die Hand der zu untersuchenden Person gelenkt. Anschließend wird mit Hilfe von zwei Kameras, die verschiedene Polarisierungen erkennen können, die Lichtreflexion analysiert.

Joel Burcham, Projektdirektor bei AOS, sieht zahlreiche Anwendungsbereiche für Airprint. Zahlenkombinationen oder Fingerabdruckleser wären in Sicherheitsbereichen künftig passé. Stattdessen müsste eine Person nur noch die Hand heben, wenn sie sich einer Tür nähert. Die Überprüfung erfolgt dann in Sekunden. "Wir schauen uns besonders die Bereiche an, in denen Standardidentifikationsmethoden mit Stress verbunden sind." Airprint könnte beispielsweise auch mit einem Zeiterfassungssystem für Arbeitnehmer kombiniert werden – statt langwierig vor einer Stechuhr anzustehen, müssten diese nur noch kurz ihre Extremitäten in die Kamera halten.

Das Airprint-System ist etwas kleiner als eine Kleenex-Kiste und enthält zwei 1,3-Megapixel-Kameras und eine Lichtquelle für polarisiertes Licht. Eine Kamera empfängt horizontal polarisiertes Licht, während die andere vertikal polarisiertes Licht aufzeichnet. Die beiden Kameras nehmen zwischen 30 und 60 Einzelbildern pro Sekunde auf. Das Bild bleibt auch dann noch scharf, wenn sich eine Person von einer Seite zur anderen bewegt.

Wenn Licht auf einen Finger trifft, reflektieren die Erhebungen des Abdrucks eine Polarisation des Lichtes, während die Täler die andere reflektiert. "Genau das macht es so spannend, weil man bei einem Bild ohne Polarisation zwar Fingerabdrücke erfassen kann, aber das eben nicht besonders akkurat", sagt Burcham. Die Trennung der vertikalen und horizontalen Polarisation erlaubt eine Überlagerung beider Bilder, um einen genauen Fingerabdruck zu schaffen, der sich für Verifizierungszwecke in einen Computer füttern lässt.

Der Prototyp von AOS kann einen Abdruck in 0,1 Sekunden scannen, die Verarbeitung dauert weitere vier Sekunden. Dabei wird jedoch jeder Finger einzeln betrachtet, nicht die ganze Hand. Außerdem muss sich der gescannte Finger in einer festen Distanz zum Gerät befinden.

Bis April kündigt Burcham aber bereits signifikante Verbesserungen an. Dann soll das System fünf Finger gleichzeitig scannen, während sich eine Person in Richtung Kamera oder von ihr weg bewegt. Die Verarbeitungszeit läge bei weniger als einer Sekunde.

AOS hat bereits mehrere potenzielle Kunden an der Hand, denen schon ein Einfinger-Scanner ausreichen würde – aus diesem Grund wird das Unternehmen sowohl die einfache Variante als auch das Fünffinger-System verkaufen, das teurer ausfallen dürfte. "Wir wollen unsere Produkte noch zu Beginn des dritten Quartals marktbereit machen", sagt Burcham.

Aus dem Militärbereich ist ein zunehmendes Interesse an biometrischen Sensoren zu spüren, die auf Distanz arbeiten. Das US-Verteidigungsministerium finanziert beispielsweise die Entwicklung einer Technik der Cylab Biometrics-Gruppe an der Cornell University, mit der Irisscans auf 13 Meter Entfernung möglich sein sollen. 1,5 Millionen Dollar an Fördermitteln macht das Pentagon dafür locker.

Ein möglicher Kunde für Airprint wäre die US-Marine. Jeremy Powell, Leiter des Bereiches ID-Management im Hauptquartier der Truppe, hat sich bereits eine Demonstration angesehen. Seine Traumvorstellung: "Damit könnten unsere Soldaten eine Zielperson identifizieren, noch bevor es zu potenziellen Gewalttaten bei einer Personenkontrolle kommt – aus der Sicherheit eines gepanzerten Fahrzeugs heraus."

Derzeit müssen Personen an einem Checkpoint noch ihre Finger auf einen Scanner auflegen – mit einem Soldaten, der danebensteht und prüft, ob es einen vernünftigen Abdruck gab. Powell wäre es lieber, wenn es einen sicheren Abstand zwischen dem Militärangehörigen und der zu scannenden Person geben würde. Vorstellbar wäre, dass sich das Airprint-Gerät auf einem Dreibein befindet und an ein Kabel angeschlossen ist, das hinter eine bombensichere Mauer führt. Dort würde der Soldat dann das Scanergebnis mit einer Datenbank abgleichen.

Powell sieht in den mit Airprint möglichen Distanz-Scans neue Zeiten aufkommen. "Es ist ein Schritt in Richtung einer Zukunft, in der man die Identität einer Person aus sicherem Abstand zweifelsfrei überprüfen kann – und zwar mit oder ohne deren Wissen."

Biometrische Erkennungstechniken werden von der US-Marineinfanterie und anderen Waffengattungen mittlerweile in Afghanistan und im Irak immer öfter eingesetzt, um Freund und Feind zu unterscheiden. "Das funktioniert bislang sehr erfolgreich", sagt Powell. Airprint und ähnliche Technologien böten nun die Chance, es noch besser zu machen. (bsc)