Midem: Cloud-Anbieter und Musik-Label streiten um Lizenzrechte

Weil der globale Rechteerwerb für Download-Musik-Angebote zu kompliziert ist, floriert das Geschäft mit illegal genutzen Cloud-Angeboten, denen die Muskindustrie einen Riegel vorschieben will.

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Von
  • Monika Ermert

Passend zum neuesten Motto der Musikmesse Midem, die heute ihre Pforten in Cannes eröffnet, präsentierten sich bereits gestern mit simfy, mSpot und Catch Media drei Online-Anbieter von Cloud-Musik. Zwar gibt es „Cloud-Musik“ schon seit mehreren Jahren, aber erst das mobile Breitbandnetz mache die Cloud so richtig attraktiv, waren sich die Experten einig. Thomas Hesse, President Global Digital Business, US Sales & Corporate Strategy von Sony Music Entertainment, hofft, die Nutzerzahlen durch attraktive Cloud-Dienste deutlich steigern zu können.

Hesse erklärte, sowohl der Zugriff auf die vom Nutzer in einem privaten digitalen Schließfach auf einem Online-Server abgelegte Musik als auch der Zugriff auf das von einem Cloud-Musikanbieter vorgehaltene öffentliche Repertoire seien denkbar. Mit Blick auf die Schließfachdienste gibt es allerdings noch rechtlichen Streit, den der US-amerikanische Anbieter MP3tunes gerade gegen EMI auszufechten hat. EMI wirft MP3tunes und der dazu gehörenden Suchmaschine Sideload vor, illegale Musik-Downloads zu ermöglichen und zu forcieren.

Bei der Debatte in Cannes musste sich mspot-Manager Daren Tsui gegen den Piraterievorwurf verteidigen, nachdem er einen bezahlten Subskriptionsdienst als Erweiterung für einen reinen Schließfachdienst nannte. Harry Malone von Catch Media, das demnächst in mehreren europäischen Ländern seinen Play-Anywhere-Dienst anbieten will, beschrieb die Mühen, die sein Unternehmen für eine Lizenzierung durch die Major Labels auf sich genommen habe.

Wie kompliziert der Rechteerwerb ist, zeigte bei der Midem eine eigene Diskussionsrunde, in der Urheberrechtsexperte Nic Garnett sich von Vertretern der schwedischen Verwertungsgesellschaft STIM, Universal Music und dem Indie-Label-Dachverband Merlin erklären ließ, an wen er sich für die Rechte eines globalen Musik-Download-Angebotes zu wenden habe. Allein in Europa müsste Garnett mit 30 Verwertungsgesellschaften verhandeln, von den Major Labels und den Indie-Labels abgesehen. EU Kommissar Michel Barnier nannte die Lizenzierung nach nach wie vor „viel zu kompliziert“ und versprach für 2011 neben einer neuen Stragegie fürs Urheberrecht einen Vorstoß der Kommission, der Künstlern und Online-Musikanbietern das Leben erleichtern soll.

Malone sagte, mspot und andere Schließfachdienste würden durch den Verzicht auf eigene Lizenzen billigend in Kauf nehmen, dass illegal heruntergeladene oder getauschte Musik in die Schließfächer wandere. Hesse unterstrich, sein Unternehmen werde seine Rechte auf jeden Fall gegen solche Dienste durchsetzen. Das MP3tunes-Urteil, das nach dreijährigem Prozess in dieses Jahr kommen soll, wird daher mit Spannung erwartet – auch von den möglichen künftigen „Majors“ im Cloud-Musikmarkt: Google und Sony.

Googles Musikdienst ist ebenfalls für dieses Jahr angekündigt und das Unternehmen ist – offenbar nicht ganz uneigennützig – MP3tunes kürzlich mit einem Amicus-Brief vor Gericht beigesprungen, in dem es erklärte, ein Urteil gegen MP3tunes missachte die Rechte all der Nutzer, die ihre erworbene Musik auf verschiedenen Geräten abhören wollten und wäre zudem innovationsfeindlich.

Sony kündigte derweil an, dass Omnifone, der Anbieter des Cloud-Musikdienstes Qriocity, einen Lizenzvertrag mit der GEMA abgeschlossen habe, der den digitalen Musik-Vertrieb und die Tantiemenzahlung an die Künstler und Musik-Label regle. Sony startete den Musik-Streaming-Dienst Qriocity an diesem Wochenende auch in Deutschland. Ab 4 Euro pro Monat gewährt er Anwendern Zugriff auf verschiedene Streaming-Angebote, die von PCs und Notebooks, der Playstation 3, internettauglichen Fernsehern, Android-Smartphones und Sonys Blu-ray-Playern aus abgerufen werden können. Der direkte Einzelzugriff auf über sechs Millionen Musiktitel ist für 10 Euro Monatsgebühr möglich. (keh)