Kernel-Log – Was 2.6.38 bringt (1): Grafik

Der Kernel 2.6.38 spricht AMDs neue Fusion-CPUs an und ermöglicht 2D- und 3D-Beschleunigung bei vielen aktuellen GeForce- und Radeon-Grafikkarten. Die Grafikkerne in Intels Prozessoren und Chipsätzen sollen sparsamer arbeiten; neue Page-Flip-Funktionen gehen Bild-Flackern, Tearing und unvollständigem Rendering an den Kragen.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

Keine fünf Tage nach dem Ende des Merge Window von 2.6.38 hat Linus Torvalds schon die zweite Vorabversion von Linux 2.6.38 veröffentlicht. Grund für diesen schnellen Nachschlag am vergangenen Samstag waren aber keine größeren Fehler in 2.6.38-rc1, sondern weltliche Dinge: Torvalds ist am Sonntag zur diesjährigen Linux.conf.au (LCA) gereist, die trotz der Überflutungen diese Woche im australischen Brisbane stattfindet. Vorher wollte er testen, ob er auf dem für die Reise vorgesehen Computer alle zur Kernel-Entwicklung und -Freigabe nötigen Dinge installiert hat.

In der Freigabe-Mail deutetet Torvalds an, von nun an strikter zu sein und nichts mehr aufzunehmen, was nicht eindeutig der Stabilisierung dient; alle größeren Änderungen müssen bis zum 39er-Kernel warten. Der jetzige Entwicklungsstand von 2.6.38 dürfte sich daher nicht sonderlich von der finalen Version unterscheiden, die Ende März oder Anfang April erscheinen dürfte.

Das Kernel-Log kann daher schon jetzt einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Neuerungen des 38er-Kernels geben. Wie üblich werden wir die Informationen über mehrere Artikel verteilen, die sich nach und nach den verschiedenen Funktionsbereichen des Kernels annehmen. Den Anfang der Serie "Was 2.6.38 bringt" machen die wichtigsten Änderungen rund um die Unterstützung für Grafikhardware; in den kommenden Wochen folgen Artikel zur Netzwerkunterstützung, zu Storage-Hardware, Dateisystemen, Treibern, Architektur-Code und der Infrastruktur des Kernels.

Die Radeon-DRM/KMS-Treiber des Kernels unterstützen nun auch den Grafikkern der von AMD unter dem Oberbegriff Fusion vermarkteten und Anfang Januar eingeführten Bobcat-Prozessoren (u. a. 1, 2, 3, 4, 5, 6). Im Schnellverfahren stieß auch die Unterstützung für die Radeon-HD-Modelle 62xx bis 68xx zum Kernel (u. a. 1, 2, 3, 4), denn die war erst zwei Tage nach Beginn des Merge Window von 2.6.38 veröffentlicht worden. Die Chips auf diesen seit Oktober verkauften Grafikkarten gehören zur "Northern Islands" (NI) genannten Familie, zu der auch die GPUs (Graphics Processing Units) der im Dezember vorgestellten Radeon-HD-Modelle 6950 und 6970 zählen – Letztere werden aber noch nicht unterstützt, da sich ihre Cayman-Chips in einigen Belangen deutlich von den anderen GPUs der 6000er-Serie unterscheiden.

Die 2D- und 3D-Beschleunigung dieser AMD-GPUs lässt sich zusammen mit neuen Versionen von Libdrm, Mesa 3D und den Radeon-Treiber für X.org nutzen. Für die Bobcat-Prozessoren bringt Mesa 7.10 bereits alles wichtige mit, während man für die 6000er-Radeons noch auf den Entwicklerzweig zurückgreifen muss. Auch für passende X.org-Treiber muss man vorerst die Entwicklerquellen bemühen.

Der Radeon-DRM/KMS-Treiber beherrscht jetzt die schnelleren Übertragungsmodi von PCIe 2.0. Man muss die doppelt so schnelle Datenübertragung aber über einen Modul-Parameter "pcie_gen2=1" explizit einschalten, da die Funktion auf manchen Systemen zu Problemen führt.

Der DRM/KMS-Treiber für Grafikchips von Intel aktiviert bei den Grafikkernen der Anfang Januar vorgestellten Sandy-Bridge-Prozessoren (Core-Serien i3-2000, i5-2000 und i7-2000) nun wenn möglich den Self-Refresh, um die Leistungsaufnahme zu reduzieren. Auch beim Ironlake-Grafikkern der Vorgänger-CPUs (u. a. Core i3 sowie manche i5 und i7) aktiviert der Kernel diese Funktion nun wieder, nachdem sie aufgrund von Problemen vorübergehend lahm gelegt wurde (1, 2) – der Entwickler schreibt im Commit-Kommentar zu einem der Patches, dass die Leistungsaufnahme seines Vaio-Ironlake-Notebooks um 0,5 Watt sank. Keine solchen Messwerte gibt es für die Patches, die eine RC6 genannte Stromsparfunktion zur automatischen Absenkung des Taktes auf aktuellen und älteren Intel-Prozessoren und -Chipsätzen aktiviert (1, 2, 3).

Durch den Dynamic Render P-state Support und die Overclocking-Unterstützung kann der Grafikkern von Sandy-Bridge-CPUs jetzt die Taktfrequenz ändern, was je nach Umgebungsbedingungen die Performance steigert oder den Stromverbrauch reduziert. Der Treiber für Intels Grafikkerne nutzt ab 2.6.38 eine Hardware-Funktion zum Erkennen von Display-Wechseln – dadurch kann eine wiederholte, Strom kostende Abfrage der angeschlossenen Wiedergabegeräte entfallen.