Bundesrat kritisiert EU-Konzept zur Datenschutzreform

Der Länderkammer geht der Vorstoß zur Novellierung der allgemeinen EU-Datenschutzrichtlinie zu weit. Sie reibt sich vor allem an Überlegungen der EU-Kommission, den Polizei- und Justizbereich in den Anwendungsbereich mit einzubeziehen.

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Dem Bundesrat geht der Vorstoß der EU-Kommission zur Novellierung der allgemeinen Datenschutzrichtlinie zu weit. Die Länderkammer begrüßt in einer am Freitag beschlossenen Stellungnahme (PDF-Datei) zwar prinzipiell die Zielsetzung, die Bestimmungen von 1995 zu überarbeiten und dabei die Rechte des Einzelnen zu stärken, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern und ein einheitlich hohes Schutzniveau in und außerhalb der EU zu gewährleisten. Sie reibt sich aber vor allem an Überlegungen der Kommission, den Polizei- und Justizbereich mit einzubeziehen.

Die Regelungen müssten gerade in diesem Sektor "auf grenzüberschreitende Sachverhalte begrenzt werden", betont der Bundesrat. Eine Ausweitung auf die innerstaatliche Datenverarbeitung habe zu unterbleiben, um den "besonderen Anforderungen" der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zu genügen. Die Länder erinnern Brüssel zugleich daran, dass die EU nur "eingeschränkte Kompetenzen" zum Erlass von Richtlinien im Bereich der inneren Sicherheit habe. Dies stehe einer "Harmonisierung der rein innerstaatlichen Datenverarbeitung im Strafverfahren entgegen". Allenfalls wäre die Prüfung der Überarbeitung der bestehenden, sich auf einzelne Bereiche beziehenden Regelungen vorstellbar, um sowohl den schutzwürdigen Interessen der Bürger als auch den mit der Wahrnehmung der Aufgaben von Ermittlern verbundenen Besonderheiten Rechnung tragen zu können.

Auch der ins Gespräch gebrachten Einführung eines Klagerechts für Datenschutzbehörden und Verbände steht der Bundesrat ablehnend gegenüber. Den für die Kontrolle der Einhaltung der Datenschutzvorschriften zuständigen Behörden seien bereits hoheitliche Befugnisse gesetzlich zugewiesen, die es ihnen ermöglichten, bei Verstößen unmittelbar gegenüber Dritten tätig zu werden und Anordnungen gegebenenfalls durch Maßnahmen des Verwaltungszwangs durchzusetzen, heißt es zur Begründung. Die Anrufung eines Gerichts sei daher überflüssig. Die Einführung einer Verbandklage komme allenfalls in engen Grenzen zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen Datenschutzsünder in Betracht.

Weiter drängt die Länderkammer auf eine Präzisierung, wonach die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich von Kontrollstellen unabhängig sein müssten. Ferner müsse die "sehr weitgehende Datenübermittlung" über europäische Statistiken und die darauf gestützte Verordnung zur Regelung des Zugangs zu vertraulichen Daten für wissenschaftliche Zwecke überarbeitet werden, um einen nahtlosen und wirksamen Schutz auf EU-Ebene zu gewährleisten. Generell hat der Bundesrat Bedenken, ob die Erhebung, Speicherung, Nutzung und Übermittlung von personenbezogenen Daten unter dem Gesichtspunkt des Binnenmarkts mit dem grenzüberschreitenden Austausch von Waren und Dienstleistungen gleichgestellt werden kann. Nur für letztere habe Brüssel Befugnisse zur Rechtsangleichung. Für unterstützenswert hält er trotzdem den Ansatz, die Eigenkontrolle in Unternehmen durch eine Stärkung der unabhängigen Betriebsdatenschutzbeauftragten auszubauen.

Abgesegnet haben die Länder parallel die vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetzesentwürfe zur Ratifizierung und Umsetzung des umstrittenen Zusatzprotokolls zur Cybercrime-Konvention des Europarats von 2003. Die Initiative des Staatenbunds sieht eine Kriminalisierung "rassistischer und fremdenfeindlicher Handlungen" vor, die über Computer und Systeme wie das Internet begangen werden. Die neuen hiesigen Regelungen ergänzen vor allem die bisherigen Bestimmungen gegen die Volksverhetzung im Strafrecht. Die davon erfasste Aufstachelung zu Hass und Gewalt muss nun nicht mehr nur gegen "Teile der Bevölkerung" gerichtet sein, sondern kann sich auch auf Gruppen oder Einzelne beziehen. Zudem gilt für Angriffe auf Individuen wegen ihrer Homosexualität oder wegen einer Behinderung jetzt die gleiche Rechtslage wie für Offensiven aufgrund der ethnischen Herkunft Betroffener. (vbr)