Lesen kann bilden – wenn man es tut

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels freut sich, dass Google in Sachen Bücher-Scan von einem US-Gericht auf die Finger bekommen hat. Das ist ziemlich kurzsichtig.

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Genug Atomkraft – wenden wir uns diese Woche ernsten Themen zu: Ein New Yorker Richter hat am vergangenen Dienstag den geplanten Vergleich zwischen dem Suchmaschinenanbieter Google und amerikanischen Autoren und Verlegern am Dienstag gekippt. Mit diesem Vergleich sollte ein seit Jahren anhängender Rechtsstreit um Googles Buchpläne beigelegt werden: Die Einigung hätte dem Konzern das Recht gegeben, in den USA registrierte Bücher einzuscannen und auch ohne Kenntnis der Rechteinhaber online zu stellen.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der keine Gelegenheit auslässt, für deutschsprachige Autoren zu kämpfen wie eine Löwenmutter für ihre Jungen, hat das Urteil natürlich prompt begrüßt. In einem Interview erklärte Börsenblatt-Justiziar Christian Sprang, dass gratis verfügbare Inhalte eigentlich sowieso nicht gefragt wären, denn „es ist auch eine Mär zu glauben, dass es im Netz eine ständige Nachfrage nach wichtigen Inhalten gäbe, die kommerziell nicht erhältlich sind. Drei von fünf gemeinfreien Büchern, das zeigt eine aktuelle Untersuchung, sind nach ihrer Digitalisierung nicht ein einziges Mal weltweit genutzt worden.“

Irgendwie blöd ist nur, dass die E-Book-Piraterie auch in Deutschland mittlerweile „dramatische Ausmaße“ angenommen hat – wie man zum Beispiel kürzlich in der Welt nachlesen konnte. Als Ursache dafür nennen die Autoren einer kürzlich veröffentlichten Studie zu dem Thema: abschreckende, umständliche Kopierschutzmaßnahmen, zu hohe Preise und mangelnde Verfügbarkeit von elektronischen Büchern.

Da zeichnet sich also eine Entwicklung ab, die die Musikbranche schon hinter sich hat: Im festen Glauben an die Macht ihres Verbreitungsmonopols ignoriert die Verlagsbranche den Medienwandel; um sich um so lauter über schlechter werdende Geschäfte zu beklagen. Das ist alles nicht neu, man konnte all dies – zum Beispiel auch in TR – bereits mehrfach lesen. Aber das scheint ja nicht die vorrangige Aufgabe eines Justitiars zu sein. Der kümmert sich nur um die – juristische – Nachsorge illegalen Verhaltens. (wst)