Open Access: US-Gesetzesinitiative für freien Zugang zu Forschungsergebnissen

Forscher sollen ihre Veröffentlichung künftig allgemein über das Internet zugänglich machen.

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Von
  • Richard Sietmann

In einer überparteilichen Initiative haben der Republikaner John Cornyn (Texas) und der Demokrat Joe Lieberman (Connecticut) im US-Senat den Entwurf eines "Federal Research Public Access Act" (FRPAA) eingebracht, der jedermann den freien Zugang zu den Ergebnissen der aus Bundesmitteln geförderten Forschung sichern soll. Bislang sind die Veröffentlichungen der Forscher online zumeist nur über die kostenpflichtigen Websites der kommerziellen Wissenschaftsverlage zugänglich, sofern man nicht gerade an einem Institut arbeitet, das die Zeitschrift abonniert hat, in welcher ein gesuchter Artikel erschienen ist.

Der Gesetzentwurf verlangt von allen Einrichtungen der US-Bundesregierung, die mit mehr als 100 Millionen US-Dollar pro Jahr Forschungsprojekte fördern, die Zuwendungsempfänger zu verpflichten, den freien Online-Zugang zu ihren Veröffentlichungen "sobald wie praktisch möglich, jedoch nicht später als sechs Monate nach dem Erscheinen in einer Peer-Review-Zeitschrift" zu gewährleisten. Unter diese Regelung würden beispielsweise das Umweltbundesamt EPA, die NASA, die National Science Foundation (NSF) und die National Institutes of Health (NIH) fallen. Dabei soll es ihnen überlassen bleiben, ob sie dazu eigene Publikationsserver betreiben – wie dies das NIH bereits mit PubMed Central praktiziert – oder ob sie die Autoren auf andere anerkannte "Institutional Repositories" verweisen, die den Kriterien des freien Zugangs, der Interoperabilität und der Langzeitverfügbarkeit genügen. Binnen eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Entwurfs müssten die Fördereinrichtungen diesbezüglich Verfahrensregeln entwickeln und dann einmal jährlich dem Senat über den Stand der "Open Access Policy" berichten.

Zur Begründung heißt es, die US-Regierung finanziere Grundlagen- und angewandte Forschung in der Erwartung, "dass die aus dieser Forschung resultierenden neuen Ideen und Entdeckungen die Wissenschaft voranbringen und die Lebensbedingungen der Menschen in den Vereinigten Staaten und in aller Welt verbessern, wenn sie geteilt werden und wirksam Verbreitung finden". Das Internet mache es möglich, "dass diese Informationen jedem Wissenschaftler, Arzt, Lehrer und Bürger daheim, in der Schule oder in einer Bücherei prompt zur Verfügung stehen".

Der FRPAA (PDF-Datei) bekräftigt und erweitert damit die schon vor zwei Jahren vom Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses an das NIH gerichtete und von 25 Nobelpreisträgern unterstützte Aufforderung, die Publikationen aus NIH-finanzierten Projekten innerhalb von sechs Monaten nach der Erstveröffentlichung in einem wissenschaftlichen Journal auch in dem frei zugänglichen Online-Volltextarchiv PubMed Central zu veröffentlichen. Als die NIH-Richtlinien nach erbitterten Diskussionen mit den Verlegerverbänden Anfang Mai 2005 in einer reichlich abgemilderten Form in Kraft traten, wurden die Forscher darin lediglich gebeten, Kopien ihrer Manuskripte für die Zweitveröffentlichung zur Verfügung zu stellen, und die Schonfrist für die Verlage war von einem halben Jahr auf zwölf Monate erhöht worden. Die Cornyn-Lieberman-Bill zielt nun auf eine Verpflichtung der Forscher zu Open Access und beschränkt die Karenzzeit zugunsten der Verlage auf sechs Monate. Zudem bezieht sie über das NIH hinaus alle maßgeblichen Forschungsförderungseinrichtungen des Bundes mit ein und geht damit auch über den allein von Lieberman im vergangenen Dezember eingebrachten CURES Act hinaus.

Nach Ansicht von Beobachtern bedeutet der gemeinsame Vorstoß des konservativen Republikaners und des gemäßigten Demokraten einen starken Schub für die "Open Access"-Bewegung. "Das ist ein hervorragender Entwurf", meint der Public-Knowledge-Aktivist und Philosophie-Professor am Earlham College, Peter Suber. "Er wird den Steuerzahlern den Zugang zur nicht-geheimen Forschung bringen, die sie mit ihren Steuergeldern finanzieren".

Zur Entwicklung und den Hintergründen der Open-Access-Bewegung bringt c't in einer der nächsten Ausgaben einen ausführlichen Report "Über die Zäune der Wissensgesellschaft". (Richard Sietmann) / (jk)