FDP: Unverständnis für Geschacher der Union nach Websperren-Aus

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat den Ruf nach weiteren Gegenleistungen für die Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes "mit Befremden" zur Kenntnis genommen. Auch die FDP-Bundestagsfraktion ist pikiert.

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Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat Forderungen aus der Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach weiteren Gegenleistungen für die geplante Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes "mit Befremden" zur Kenntnis genommen. Man kommentiere "unnötige Spekulationen über Deals oder Nachverhandlungen" nicht, betonte ein Sprecher der FDP-Politikerin am heutigen Donnerstag gegenüber heise online. Inhaltliche "Vorfestlegungen" für andere Themen wie die Verlängerung von Anti-Terror-Befugnissen oder eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung habe es bei der Koalitionsrunde am Dienstag nicht gegeben.

Schwarz-Gelb will dem Sprecher zufolge nach der Einigung nun rasch "gesetzgeberisch endgültig Abschied nehmen" von Websperren. Dazu werde das Bundeskabinett schon in der nächsten Woche auf Vorschlag des Justizministeriums einen Vorschlag verabschieden, um so das entsprechende Gesetzgebungsverfahren "zügig" einzuleiten.

Günter Krings, stellvertretender Chef der Unionsfraktion, hatte zuvor den Verzicht auf Websperren an ein Zugeständnis der Liberalen geknüpft, das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) zu entfristen und die Anti-Terror-Datei weiterzuführen. Die Effizienz der damit verknüpften Befugnisse für Geheimdienste und Strafverfolger lässt die Bundesregierung derzeit überprüfen. Der CDU-Politiker hatte parallel betont, dass das Einlenken beim Zugangserschwerungsgesetz eine "letzte Rettungsmaßnahme" der Union für die Liberalen gewesen sei. Das Ja der FDP zur Visa-Warndatei reicht auch dem Vorsitzenden des Innenausschusses des Parlaments, Wolfgang Bosbach, nicht aus. Der CDU-Politiker forderte auf dem Berliner Koalitionsbasar ebenfalls einen höheren Preis für das Aus für Websperren.

Der FDP-Netzpolitiker Manuel Höferlin sagte gegenpber heise online, dass es in der Union nach wie vor "einige Unbelehrbare" gebe. Dass sie sich so äußerten, sei nicht verwunderlich, nachdem ihnen in den eigenen Reihen die Unterstützung für die völlig verfehlten Websperren "weggebröckelt" sei. Den Bundestagsabgeordneten ärgert aber, dass es in den Erklärungen des Koalitionspartners derzeit wieder nur um die Abbildungen sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet gehe, während über die Opfer und Täter der Verbrechen in der Offline-Welt nicht gesprochen würde. Hier gelte es, die Strafverfolgung zu intensivieren und die Präventionsmaßnahmen für Pädophile zu verbessern. Erst als Drittes sei die Effizienz des Löschens kinderpornographischer Inhalte im Netz weiter zu steigern. Über die Anti-Terror-Befugnisse muss die Koalition laut Höferlin aufgrund der aktuellen Befristung zwangsläufig sprechen. Das habe aber nichts mit der Verhandlungsrunde und den Beschlüssen in dieser Woche zu tun.

Der designierte neue FDP-Chef Philipp Rösler hat derweil Leutheusser-Schnarrenberger im Kampf gegen die von der Union geforderte Vorratsdatenspeicherung den Rücken gestärkt. "Es ist ja unsere Aufgabe als FDP, in der Koalition die Bürgerrechte zu verteidigen", meinte Rösler am Dienstag in der ARD. Dies mache die Justizministerin hervorragend. Dafür habe sie seine Unterstützung und die der ganzen Partei. FDP-Generalsekretär Christian Lindner unterstrich, dass die Liberalen eine verdachtsunabhängig Vorratsdatenspeicherung "ohne Wenn und Aber" ablehnten. Er stellte sich damit demonstrativ gegen das Ansinnen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Zugeständnisse bei den Anti-Terror-Befugnissen hatte Lindner dagegen vorigen Monat ins Spiel gebracht und damit Kritik aus der Opposition auf sich gezogen. (jk)