Porno-Domain .xxx erneut unter Beschuss

Die US-Regierung hat in letzter Minute einen Aufschub des geplanten virtuellen Rotlichtbezirks im Internet erreicht. Auch andere Länder äußern Kritik an der neuen Porno-TLD.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die umstrittene Top-Level-Domain (TLD) .xxx für Erotik- und Pornografie-Seiten im Internet sorgt erneut für Dissonanzen. In letzter Minute -- am heutigen Dienstag sollte der Vertrag mit dem künftigen .xxx-Domain-Verwalter ICM Registry unterzeichnet werden -- hat die US-Regierung einen Aufschub des virtuellen Rotlichtbezirks im Internet erreicht. Tausende Bürger hätten sich besorgt über den Einfluss von Pornografie auf Familie und Kinder geäußert, teilte das US-Handelsministerium mit. Deshalb habe man bei der Internet-Verwaltung ICANN, die im Juni die .xxx-TLD genehmigt hatte, eine Verschiebung der Vertragsunterzeichnung gefordert.

Die in Florida ansässige ICM Registry, die als technischer Betreiber für den eigentlichen TLD-Sponsor International Foundation for Online Responsibility (IFFOR) auftritt, äußerte sich in einer Stellungnahme, dass man einem Aufschub um einen Monat zustimme. Das Handelsministerium habe nun Zeit, seine Einwände gegen die .xxx-TLD zu konkretisieren. ICM Registry will zwar keine inhaltliche Zensur bei .xxx-Domains ausüben (dies obliegt der IFFOR), aber Regeln festlegen, dass nur Erwachsene Zugriff auf die Seiten haben. Außerdem soll etwa Kinderpornografie von vornherein ausgeschlossen sein. Man erwarte, dass eine .xxx-TLD sogar hilfreich beim Kampf gegen Kindesmissbrauch und für die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen sei, heißt es bei ICM Registry.

Kritik an der neuen Porno-TLD kommt unterdessen auch von anderen Regierungen. So beschwerte sich beispielsweise ein brasilianischer UN-Vertreter jüngst, dass die ICANN bei ihren Entscheidungen nur wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse von Entwicklungsländern nehme. "Um es klar auszudrücken: xxx steht für Pornografie. In meinem Land und auch in vielen anderen Ländern berührt die Diskussion über solche Sachen tiefe Werte. Der Entscheidungsprozess, mit dem TLD-Neuerungen durch die ICANN vorgenommen werden, ist für uns nicht akzeptabel." Der Regierungsbeirat (Government Advisory Committee, GAC) der ICANN forderte in einem Brief ebenfalls eine Überprüfung der Richtlinien für die neue .xxx-TLD.

Vorschläge für einen virtuellen Rotlichtbezirk im Internet gibt es bereits seit 1997. Auch war .xxx schon unter den Kandidaten der allerersten Runde zur DNS-Erweiterung. Die ICANN selbst hatte die Porno-Domain bei den bisherigen TLD-Neuerungen allerdings immer wieder abgelehnt, unter anderem deshalb, weil möglicherweise der falsche Eindruck entstehen könnte, alle Domains außerhalb von .xxx seien für Jugendliche und Kinder geeignet. Die Internet Engineering Task Force (IETF) hatte sich noch Anfang 2004 sogar explizit gegen die Einrichtung von .sex- oder .xxx-Domains ausgesprochen und sie als gefährlich bezeichnet.

Auch in der zweiten Runde zur Erweiterung des DNS um so genannte Sponsored Domains, die Registrierungen nur für bestimmte inhaltliche und organisatorische Zwecke zulassen sollen oder für bestimmte Berufsgruppen gedacht sind, war .xxx erst einmal noch nicht vorgesehen; hier kamen zuerst .jobs und .travel zum Zuge, während mit den am Betrieb der Registries für .mobi, .cat und .post interessierten Firmen noch weiter über die Ausgestaltung der Verträge verhandelt wird. Um so überraschender die ICANN-Entscheidung vom Juni, als die .xxx-TLD schließlich doch zugelassen wurde. (pmz)