Bio PII: Biometrie im Alltagstest

Bio PII ist eines von zahlreichen Forschungsprojekten des BSI, die die Tauglichkeit der Biometrie im Alltagseinsatz untersuchen. Es galt als wichtigster Test für die kommende Einführung des europäischen Biometriepasses.

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Von
  • Detlef Borchers

Bio PII ist eines von zahlreichen Forschungsprojekten des BSI, die die Tauglichkeit der Biometrie im Alltagseinsatz untersuchen. Bio PII galt als wichtigster Test für die kommende Einführung des europäischen Biometriepasses. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat auf seiner Website kurzzeitig den Abschlussbericht des Projektes Bio PII veröffentlicht. Er ist offenbar wieder vom Netz genommen worden. Im heise online vorliegenden Abschlussbericht ist das Ziel so formuliert: "Die Ergebnisse von BioP II sollten zudem Hilfestellung für die Art und Weise der Einführung der neuen ePässe geben." Diese Hilfestellung ist nicht nur ziemlich vage ausgefallen, sondern ging offenbar am Thema vorbei, weil die Technik wie die Zielvorgaben seitens der Luftfahrtbehörde ICAO zwischenzeitlich geändert wurden. So wählte die ICAO unter den biometrischen Verfahren den Fingerabdruck und das Frontalfoto für die Gesichtserkennung aus. Darum hat das Projekt ILSE (ICAO Logical Data Structure and Security Evaluation) diese Rolle übernommen. So heißt es im Abschlussbericht zur Integration biometrischer Daten auf RFID-Chips in Personaldokumenten: "Da über die Projektlaufzeit mehrere Anpassungen der relevanten Standards der ICAO erfolgten, wurden die vorgesehenen Untersuchungen in eine separate Projektreihe 'ILSE' ausgelagert, die aktiv die Standardisierungsmaßnahmen der ICAO begleitet."

Mit der "Untersuchung der Leistungsfähigkeit von biometrischen Verifikationssystemen", so der vollständige Titel von BioPII wurde der bisher größte deutsche Biometrie-Test wissenschaftlich ausgewertet. Am Frankfurter Flughafen testeten seit August 2004 insgesamt 2081 Flughafenmitarbeiter von Fraport und der Lufthansa vier verschiedene biometrische Zugangskontrollsysteme. Darunter befanden sich zwei Fingerabdrucksysteme von der Bundesdruckerei/NEC und der Firma Dermalog, ein Gesichtserkennungssystem der Firma Cognitec und ein System von SD Industries, das mit der Iriserkennung arbeitete. Diese vier Systeme wurden doppelt getestet, einmal mit der Benutzung von herstellerspezifischen Templates (von einem Algorithmus ausgewählte Teildaten), einmal mit dem vollen Bild von Gesicht und Iris beziehungsweise dem gesamten Fingerabdruck. Alle am Test beteiligten Mitarbeiter mussten das Enrollment mit allen vier Systemen überstehen und erhielten eine ID-Karte mit der Mitarbeiternummer auf einem RFID-Chip. Über die Nummer wurden die jeweiligen Referenzdaten aus einer Datenbank geholt. Die Mitarbeiter waren angehalten, im beliebigen Wechsel alle Systeme mindestens zweimal am Tag zu testen. Dieser Test war formlos und entsprach keiner echten Zugangskontrolle für die Mitarbeiter: ein Lämpchen leuchtete rot oder grün für den erfolgreichen Abgleich mit der gespeicherten Vorlage, doch weitergehen durften sie in jedem Fall.

Obwohl der Bio PII-Test wohl realistisch konzipiert war, erhielt er noch viele Laborbedingungen. So wurden alle Bilder mit einer einzigen Kamera (Nikon D-100) bei feststehender Blende und Brennweite von Spezialisten aufgenommen, die auch das Konvertieren in JPEGs mit Photoshop 6.0 besorgten. Dennoch kommt der Abschlussbericht bei allen Besonderheiten, die für die Tests im Einzelnen gelten, zu einigen bemerkenswerten Schlussfolgerungen. So werden alle Hersteller angehalten, das Design und die Benutzerführung deutlich zu verbessern. Außerdem wurden zufriedenstellend niedrige False Rejection Rates (FRR) nur bei der Nutzerklasse der Vielnutzer erzielt, während die sporadischen Nutzer oder Wenignutzer häufiger nicht erkannt wurden. Entsprechend geben sich die Berichterstatter der Hoffnung hin, dass mit der zunehmenden Nutzung biometrischer Systeme mit allgemein verbesserten Rückweisungsraten zu rechnen sei. "Darüber hinaus wird der zunehmende Einsatz biometrischer Systeme im Alltag zu einer Gewöhnung und Übung der Nutzer führen, die diesen Effekt der verbesserten Erkennungsleistung noch verstärken werden."

Auf den biometrischen Pass bezogen bedeutet dies, dass Vielflieger, die bis zu 120 Mal im Jahr eine solche Kontrolle passieren, erheblich besser mit dem System zurecht kommen -- sie sind erfahrungsgemäß auch diejenigen, die sich beim Frankfurter ABC-Programm der automatischen Grenzkontrolle bereits biometrisch registriert haben.

Nach Ansicht der Berichterstatter hat sich bei Bio PII auch das Testszenario negativ bemerkbar gemacht. Obwohl die Tests mit Freiwilligen durchgeführt wurden, die eine "sehr positive Einstellung" zum Einsatz der Biometrie hatten, soll der reine Testbetrieb von roten und grünen Lämpchen die Werte wiederum gedrückt haben: "In realen Einsatzumgebungen ist aufgrund der zu erwartenden erhöhten Kooperationsbereitschaft mit geringeren Rückweisungsraten zu rechnen, da hier in aller Regel davon auszugehen ist, dass die Nutzer am Erfolg der Verifikation ein unmittelbares Interesse haben." (Detlef Borchers) / (ps)