US-Gericht: Musikindustrie hat keinen Anspruch auf Daten von Internet-Usern

Eine weitere Entscheidung verwehrt der US-Musikindustrie den einfachen Zugang zu Nutzerdaten. In Deutschland ist eine gesetzliche Neuregelung der Auskunftspflicht von Providern bei Urheberrechtsverletzungen heftig umstritten.

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Von
  • Jürgen Kuri

Zumindest beim Zugriff auf die User-Daten von Internet-Providern musste die US-Musikindustrie eine erneute Schlappe einstecken. Ein weiteres Berufungsgericht in Missouri entschied, dass Internet-Provider die Daten von Nutzern nicht auf eine im Schnellverfahren vom US-Musikindustrieverband RIAA erlangte Anordnung hin herausgeben müssen. Ohne eine Klage, die sich gegen einen Anwender mit einem konkreten Verdacht richtet, er habe urheberrechtlich geschütztes Material illegal im Internet zum Tausch angeboten, hat die RIAA keinen Anspruch darauf, die User-Daten zu erfahren.

Bereits im Dezember 2004 hatte ein erstes Gericht eine vergleichbare Entscheidung im Verfahren der Musikindustrie gegen den Telefonie- und Internet-Anbieter Verizon gefällt. Verizon hatte damit argumentiert, das bestehende Copyright-Gesetz (DMCA) reiche nicht aus, um das Verlangen der Plattenfirmen zu legitimieren. Durch die Herausgabe der Daten werde ein Präzedenzfall geschaffen, der dem Recht auf freie Meinungsäußerung im First Amendment der US-Verfassung widerspreche. Bei den Verfügungen gebe es nicht genügend Schutzmaßnahmen, die gewährleisteten, dass Internet-User anonym ihre Meinung äußern und sich versammeln könnten. Dieser Interpretation hatte das Gericht zugestimmt.

Das Gericht in Missouri argumentiert in der neuen Entscheidung, der Provider Charter Communications sei nicht für eventuelle Copyright-Verstöße seiner Nutzer verantwortlich zu machen und habe daher auch nicht die Pflicht, entsprechende Daten vorzuhalten. Die Richter beziehen sich zwar in der Entscheidung auf den Fall RIAA vs. Verizon, erklären aber, sie hätten über die Ausführungen von Charter wegen eventueller Verletzungen der US-Verfassung durch das Vorgehen der RIAA nicht zu entscheiden gehabt. Allerdings erklären die Richter auch, dass sie keineswegs ausschließen wollen, dass das Vorgehen der RIAA mit einfachen Anordnungen nach dem DMCA die US-Verfassung verletzen könnte.

Auf die Klagewelle der RIAA gegen Nutzer von Tauschbörsen wegen des Anbietens urheberrechtlich geschützten, aber nicht lizenzierten Materials hat auch die neue Entscheidung keinen Einfluss. Die RIAA ist nach dem ersten Urteil gegen die Herausgabe von User-Daten dazu übergegangen, Anzeigen gegen Unbekannt einzureichen, also so genannte John-Doe-Verfahren einzuleiten. Damit sind die Provider dann gezwungen, auf Verlangen des Gerichts die User-Daten für diese einzelnen Fälle herauszugeben. Sie müssen aber keine Daten von Usern auf Verdacht der RIAA hin mitteilen.

In Deutschland soll eine Auskunftspflicht von Providern bei Urheberrechtsverletzungen neu geregelt werden; die entsprechenden Vorschläge zu Bestimmungen im zweiten Korb der Urheberrechtsnovellierung sind allerdings heftig umstritten. Gerichte in Deutschland haben bislang unterschiedliche Entscheidungen über die eventuelle Preisgabe von Nutzerdaten gefällt. (jk)