Google will das Internet beschleunigen

Weil das zukünftige Wachstum von Google unter anderem stark von der Geschwindigkeit abhängt, mit der seine Online-Dienste funktionieren, arbeitet der Suchmaschinenriese an einer grundlegenden Beschleunigung des gesamten Internets.

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Weil das zukünftige Wachstum von Google unter anderem stark von der Geschwindigkeit abhängt, mit der seine Online-Dienste funktionieren, arbeitet der Suchmaschinenriese an einer grundlegenden Beschleunigung des gesamten Internets. Das berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe 6/2011 (seit heute am Kiosk oder direkt im heise-Shop online zu bestellen).

Googles zahlreiche Online-Anwendungen sind oft praktisch und manchmal originell. Doch all das nützt nichts, wenn die Internetverbindung nicht mitspielt. Selbst die kostenlose Tabellenkalkulation von Google reagiert bisweilen noch zu langsam – bis eine eingetippte Zahl auch auf dem Bildschirm erscheint, kann einige Zeit vergehen. Den einfachen Anwender mag dies nur ärgern, den Software-Konzern aus Mountain View in Kalifornien jedoch könnte dies sogar in die Knie zwingen. Mit der eigenen Initiaitve Let’s make the web faster geht Google daher das Übel nun selbst an.

Heute durch das Web zu surfen "sollte sein wie am Fernseher den Kanal zu wechseln", sagt Arvind Jain, technischer Leiter der Initiative. Das Vorhaben begann vor zwei Jahren – angestoßen von Google-Mitgründer Larry Page, der inzwischen als CEO fungiert. Doch dafür müssen sich viele Dinge ändern, über die Google selbst gar nicht die Kontrolle hat – vom Aufbau von Webseiten bis zu den Glasfaserkabeln, die Daten in die Häuser der Nutzer transportieren. Es gebe Probleme mit "jeder Komponente" des Internets, sagt Jain und fügt mit der für Google-Mitarbeiter nicht untypischen leichten Überheblichkeit hinzu: "Uns ist klargeworden, dass wir sie alle lösen müssen."

Um dieses Ziel zu erreichen, setzte Google im April 2010 erstmals seine geballte Marktmacht ein: Das Unternehmen gab bekannt, dass bei der Rangfolge von Suchergebnissen künftig auch die Ladegeschwindigkeit der einzelnen Seiten berücksichtigt würde. Ende 2010 veröffentlichte Google dann ein kostenloses Werkzeug für Web-Administratoren. Es analysiert Webseiten und nimmt bei Problemen, die sie ausbremsen, automatisch die nötigen Korrekturen vor – Bilder zum Beispiel werden anschließend effizienter geladen.

Außerdem hat das Unternehmen ein Protokoll mit dem Namen SPDY (ausgesprochen "speedy") vorgestellt, das nach seinen Angaben die Internet-Kommunikation doppelt so schnell wie mit den alten Übertragungsprotokollen abwickeln kann. Zwar sind sich alle Experten einig darüber, dass die alten Protokolle eine Bremse sind. Trotzdem ist es sehr schwierig, sie zu ersetzen. "Das Problem ist weniger technischer als wirtschaftlicher Natur", sagt Neil Cohen, Senior Director für Produktmarketing bei Akamai, einem Anbieter verteilter Server für schnelle Webseiten-Auslieferung. Die alten Standards herauszuwerfen, würde Änderungen bei den Betriebssystemen der Nutzer, bei Servern, bei Netzwerk-Hardware und anderen Komponenten überall auf der Welt erfordern.

In der Zwischenzeit will Google auch die Internet-Provider so lange unter Druck setzen, bis sie Verbindungen anbieten, die den Vorstellungen und Bedürfnissen des Konzerns besser entsprechen. In den nächsten Jahren soll in einer noch nicht bekannten Gemeinde in den USA ein Google-eigener Internetzugang mit einer Geschwindigkeit von 1 Gigabit pro Sekunde angeboten werden. Das ist 20-mal so viel wie das US-amerikanische Telekommunikationsunternehmen Verizon Communications mit seinem modernen Glasfaser-Service FiOS zu bieten hat und 100-mal so viel wie in Haushalten durchschnittlicher Internetnutzer erreicht wird. Von dem Expressdienst erhofft sich Google einerseits Erkenntnisse darüber, wie so etwas technisch zu realisieren ist. Zugleich soll er die Kunden ermutigen, auch von anderen Providern mehr Geschwindigkeit zu verlangen. (wst)