Industrie schielt beim geplanten EU-Einheitspatent weiter auf die Kosten

Mit dem abgespeckten Gemeinschaftspatent sollen die Kosten für eine Patentanmeldung drastisch sinken. Vertretern aus der Wirtschaft scheinen die jährlich fälligen Erneuerungsgebühren aber zu hoch angesetzt.

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Mit dem Plan für ein abgespecktes EU-Gemeinschaftspatent sollen die Kosten für die Anmeldung eines gewerblichen Schutzrechts deutlich sinken. Industrievertretern scheinen die jährlich fälligen Erneuerungsgebühren während der Laufzeit eines "Einheitspatents" aber zu hoch angesetzt. Die Politik müsse auch die Frage im Kopf behalten, wie die Kosten verteilt würden, sobald ein Patent erteilt sei, erklärte Lothar Steiling, Patentexperte beim Chemiekonzern Bayer, am heutigen Dienstag auf einer Konferenz (PDF-Datei) zum "Tag des geistigen Eigentums" der deutschen Wirtschaft in Berlin. Das geplante neue Schutzrecht stünde im Wettbewerb mit dem Bündel nationaler Patente, die das Europäische Patentamt (EPA) derzeit vergibt. Firmen etwa in der Autobranche entschieden sich dabei meist nur für die "Benennung" ihres Schutzrechts in drei bis fünf Staaten. So könne das Bündelpatent für sie nach wie vor attraktiv bleiben und müsse nicht abgelöst werden.

Generell zeigte sich Steiling "sehr froh über das Erreichte". Die Vorlage aus Brüssel weise auf ein "gutes Produkt" hin, das sich aber auch verkaufen müsse. Alles, was unnötige Kosten verursache, sei zu vermeiden, da sonst das Einheitspatent international weniger konkurrenzfähig sei. Der Bayer-Vertreter bedauerte daher eine Übergangsregelung bis zur Einführung des beschlossenen Drei-Sprachen-Regimes mit Deutsch, Französisch und Englisch. Diese bringe aus Sicht der Anwender keine Vorteile. Steiling forderte, auch ein mit dem Einheitspatent verknüpftes Gerichtssystem rasch "auf die Schiene zu setzen" und parallel in Kraft zu setzen. Dabei dürften deutsche Standards aber nicht unter die Räder kommen.

EPA-Präsident Benoit Battistelli verdeutlichte, dass seine Behörde ihre Kosten im Interesse der Qualität und der Geschwindigkeit der Prüfungen nicht senken könne. Es könnten sich aber Einsparungen beim Einheitspatent ergeben, da jährliche Registrierungen und der Gebühreneinzug durch nationale Patentämter aufgrund der gestärkten Zentralfunktion des EPA wegfielen. Er betonte, dass die geforderten Übersetzungen in der Übergangsfrist maschinell und somit kostengünstig erfolgen könnten. Ein übergreifendes Patentgericht benötige im Einklang mit dem einschlägigen Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine diplomatische Konferenz und einen internationalen Vertrag der am Einheitsschutzrecht beteiligten EU-Mitgliedsstaaten. Ein solches Verfahren könne fünf bis sieben Jahre dauern, sodass über Übergangsmechanismen nachzudenken sei.

Der Patentanwalt Jochen Pagenberg monierte, dass bei den gegenwärtigen Vorschlägen für ein zentrales Patentgericht die Qualität teils schon arg gelitten habe. Als "Schreckgespenst" bezeichnete der Jurist das Szenario, dass über die Verordnungen für das Einheitspatent das materielle Recht stark verändert würde. So müssten vor allem die Vorschriften des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ), auf dessen Basis das EPA derzeit unter anderem auch die umstrittenen Schutzrechte für "computerimplementierte Erfindungen" erteilt, außen vor bleiben. Andernfalls könnte der EuGH darauf Einfluss nehmen. (anw)