OLG Frankfurt: Keine Telefonwerbung ohne Einwilligung

Anrufe bei Verbrauchern stellen auch dann eine unzulässige Belästigung dar, wenn ein Kunde über mögliche Vertragsänderungen oder neue Angebote informiert wird und der Kunde vorher nicht ausdrücklich zugestimmt hat.

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  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Anrufe bei Verbrauchern stellen auch dann eine unzulässige Belästigung dar, wenn ein Kunde über mögliche Vertragsänderungen oder neue Angebote informiert wird und der Kunde nicht vorher ausdrücklich oder konkludent solchen Anrufen zugestimmt hat. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main nach einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden (Az. 6 U 175/04). Eine Einwilligung kann nach Auffassung des Gerichts auch nicht darin gesehen werden, dass der Kunde auf dem Vertragsformular seine Telefonnummer angegeben hat. Ebenso wie bei unverlangter Telefonwerbung haben Gerichte auch bei unerbetener SMS-Reklame geurteilt.

Den Stein ins Rollen brachte ein Versicherungsunternehmen, das sich gegen die Praktiken eines Mitbewerbers zur Wehr setzte. Der Konkurrent, der mit Gebäudeversicherungen handelt, hatte Kunden telefonisch über Änderungen, Ergänzungen oder mögliche Verlängerungen bestehender Verträge sowie über neue Offerten informiert. Eine ausdrückliche Einwilligung seitens der Verbraucher lag nicht vor. Auch eine entsprechende Klausel in den Vertragsformularen war nicht gegeben. Gleichwohl war das Unternehmen der Meinung, dass die Anrufe auf Grund der bestehenden Vertragsbeziehungen und der Angabe der Kundentelefonnummer rechtlich nicht zu beanstanden seien. Das sah das OLG jedoch anders und verbot dem Versicherer diese Art der Kontaktaufnahme. Dreh- und Angelpunkt war § 7 Absatz 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), der eine unzulässige Belästigung statuiert, soweit "Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung" erfolgt. Den Reklamecharakter der Anrufe leiteten die Richter aus dem Umstand ab, dass alles unter Werbung fällt, was nichts unmittelbar mit der Abwicklung des Vertrages zu tun habe. Bei Versicherungen sei demnach nur die telefonische Klärung von Fragen wie etwa der Schadensabwicklung oder ein Hinweis auf noch ausstehende Prämien rechtmäßig, nicht aber darüber hinausgehende Informationen. Da eine ausdrückliche Zustimmung der Kunden fehlte, hätte die Zulässigkeit nur aus einem schlüssigen Verhalten folgen können. Laut Gericht reiche dafür aber nicht die Angabe der Telefonnummer ohne nähere weitere Erläuterung, wozu die Telefonnummer verwendet werden soll.

Neben unerbetenen Telefonanrufen haben deutsche Gerichte auch nicht bestellte SMS-Reklame für unzulässig erklärt. So entschied beispielsweise das Landgericht (LG) Bonn Mitte letzen Jahres, dass solche Botschaften bei fehlender Einwilligung einen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum des Handy-Besitzers darstelle. In die gleiche Richtung geht ein Urteil des LG Berlin. Anders aber als die Bonner Richter sehen die Kollegen aus der Hauptstadt in dem Versand eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Empfängers. Zur Begründungen führte das LG Berlin an, das nicht bestellte SMS-Reklame noch stärker in das Persönlichkeitsrecht eingreife als Spam-E-Mails, da wegen der begrenzten Speicherkapazität die Gefahr des "Überlaufens" der SMS-Box bestehe und wichtige Nachrichten nicht mehr abgerufen werden könnten.

Genervten Verbrauchern stehen bei ungewollter SMS-Werbung gegenüber den Versendern unter anderem zwei Möglichkeiten zu: Sie können einerseits die Verbraucherzentralen informieren, die ihrerseits nach dem UWG gegen die Versender eine Unterlassungsklage erheben können. Andererseits können sie die Telekommunikationsunternehmen, welche die in den SMS-Botschaften angepriesenen 0190er-Rufnummern vergeben, informieren. Diese sind bei wiederholter unzulässiger Versendung gemäß § 13 a der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) zur Sperrung der Nummern berechtigt. (Noogie C. Kaufmann) / (jk)