Neuer Anlauf gegen Parkinson

Mit einer zielgenaueren Gentherapie wollen Mediziner verhindern, dass spezielle Neuronen im Gehirn absterben, und so den Verlauf der Nervenkrankheit verlangsamen.

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Von
  • Courtney Humphries

Mit einer zielgenaueren Gentherapie wollen Mediziner verhindern, dass spezielle Neuronen im Gehirn absterben, und so den Verlauf der Nervenkrankheit verlangsamen.

Es gibt womöglich neue Hoffnung für Parkinson-Patienten: Forscher der University of California in San Francisco (UCSF) wollen mit einer neuen klinischen Studie ein Protein testen, das Neuronen im Gehirn intakt halten könnte. Schon seit längerem experimentieren Mediziner mit dem GDNF genannten Molekül, doch hatte es immer wieder Probleme damit gegeben. In dem neuen Anlauf wollen die UCSF-Forscher endlich das Potenzial von GDNF zur Entfaltung bringen.

Bisherige Parkinson-Therapien können nur die Symptome der Nervenkrankheit lindern, aber nicht den Krankheitsverlauf selbst verlangsamen, geschweige denn stoppen. GDNF (für „glial-derived neurotrophic factor“) hingegen könnte die Bildung von Neuronen stärken, die das wichtige Dopamin produzieren, aber bei Parkinson sich allmählich zersetzen und absterben. Diese Eigenschaft von GDNF war bereits 1993 entdeckt worden.

Doch alle klinischen Versuche mit GDNF zeigten bislang nicht den erhofften Effekt. Anfangs hatte man das Protein direkt ins Gehirn injiziert, mit durchaus viel versprechenden Ergebnissen. Die bestätigten sich jedoch in größer angelegten Folgestudien nicht mehr. Zuletzt hatten Mediziner es mit der chemisch ähnlichen Verbindung Neurturin versucht, die sie mittels Gentherapie in den Körper einbrachten. Der Zustand der Patienten verbesserte sich zunächst, doch nach einem Jahr ebbte auch die Wirkung des Neurturin ab.

UCSF-Forscher Krystof Bankiewicz glaubt, dass die bisherigen Ansätze das betroffene Gewebe noch nicht zielgenau genug angegangen seien. Bei den Injektionen habe man das GDNF zwar in die Nähe der Parkinson-Regionen gespritzt, die Verbindung habe sich dann aber nicht ausreichende im Gewebe verteilt. Stattdessen sickerte das Mittel auch in die umgebende Hirnflüssigkeit. „Diese Versuche endeten alle negativ, weil das Mittel nicht kontrolliert werden konnte“, sagt Bankiewicz.

Versuch an einem Affenhirn: Die Kernspintomografien zeigen die Ausbreitung einer injizierten Flüssigkeit (gelb und rot) in das so genannte Putamen (grün und blau).

(Bild: Adrian Kells )

Er will mit seinem Team nun einen anderen Weg einschlagen und das Gen, das die Bildung von GDNF veranlasst, in das so genannte Putamen einschleusen. Diese Region im Großhirn ist an der Steuerung von Bewegungsabläufen beteiligt. Als Genfähre soll ein Virus dienen. Dieses soll ebenfalls direkt in das Gehirn injiziert werden, aber mittels eines Druck-unterstützten Verfahrens tiefer in das Zielgewebe eindringen.

Mit dem Virus wird auch ein Kontrastmittel für Kernspintomographien eingeschleust, um den weiteren Verlauf der Behandlung beobachten zu können. Auf diese Weise wolle sein Team sicher gehen, dass das Virus auch dorthin gelange, wo es hin solle, sagt Bankiewicz.

Sollten Zellen das Virus aufnehmen, würden sie dort das Gen ins Zellgenom einbauen und so die Bildung von GDNF auslösen. Das Protein wiederum könnte sich anschließend über Axonen in andere Neuronen ausbreiten. Ein Axon ist das lange Ende einer Hirnzelle, über das ein Neuron elektrische Impulse an eine Nachbarzelle weitergibt.

Allerdings sind sich Mediziner nicht einig, ob die GDNF-Therapieversuche bisher nur wegen mangelnder Präzision gescheitert sind. Einige Forscher glauben, dass der Ansatz an anderen Punkten geändert werden müsste: etwa bei der Auswahl der Viren, die das GDNF-Gen enthalten, oder der Zielregionen im Gehirn. Umstritten ist auch, welche Patientengruppen für klinische Tests am besten geeignet sind. Auch über das GDNF-Gen selbst wird diskutiert.

Die Fehlschläge in den Versuchen mit Neurturin würden Zweifel aufwerfen, ob ein gentherapeutischer Ansatz mit GDNF überhaupt richtig sei, sagt Andrew Feigin, Neurowissenschaftler am North Shore University Hospital. „Es muss sich noch zeigen, ob GDNF Parkinson-Patienten wirklich helfen kann.“

Optimistischer ist Ronald Mandel, Neurowissenschaftler an der University of Florida, der selbst an einer GDNF-Gentherapie arbeitet. Er glaubt, dass man diese besser an Patienten in einem frühen Stadium der Krankheit testen sollte. Denn dann seien die Dopamin-produzierenden Neuronen noch nicht allzu stark geschädigt oder gar schon abgestorben. Es sei aber sehr schwierig, für solche Versuche eine Zulassung von der zuständigen US-Behörde FDA zu bekommen. (nbo)