US-Patentamt überprüft Amazons 1-Click-Patent

Auf Antrag eines neuseeländischen Kurzfilmers wird der umstrittene Schutzanspruch von Amazon.com zum schnellen Auschecken an der Online-Kasse offiziell auf den Prüfstand gestellt.

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Das US-Patentamt hat erstmals eine offizielle Überprüfung des umstrittenen 1-Click-Patents des Webhändlers Amazon.com angeordnet. Die Behörde stößt sich dabei insbesondere an elf Schutzansprüchen, die teilweise nicht neu und zu breit angelegt sein könnten. Den Antrag zu der neuen Prüfung hatte der neuseeländische Kurzfilmemacher Peter Calveley Ende vergangenen Jahres gestellt. Nachdem der Künstler im Februar auch die Einspruchgebühr in Höhe von 2520 US-Dollar überwiesen hatte, entschied das Patentamt Ende vergangener Woche über die Zulässigkeit seiner 286-seitigen Eingabe (PDF-Datei). Beide Seiten haben nun zunächst zwei Monate lang die Gelegenheit, ihre Sicht auf die Dinge darzulegen beziehungsweise weiter zu untermauern.

Der neuseeländische Kritiker des Softwarepatents stützt seinen Antrag insbesondere auf Hinweise, dass es Amazons Monopolanspruch auf "eine Methode und ein System für die Abgabe einer Bestellung über ein Kommunikationsnetzwerk" an erfinderischer Neuigkeit mangelt. Das Patent sei daher nichtig. Er verweist unter anderem auf ein schon zuvor an Edwin Klingman erteiltes Schutzrecht für ein "sicheres Online-System für finanzielle Transaktionen über elektronische Medien" mit der Nummer 5,729,594. Außerdem sieht er im Rahmen des frühen Experiments DigiCashs, eine elektronische Mikrowährung auf den Markt zu bringen, ebenfalls Anhaltspunkte für eine bereits vorher getätigte und genutzte Erfindung mit vergleichbaren Funktionen ("Prior Art").

Der 1999 gewährte staatliche Schutz auf das schnelle Auschecken an der Online-Kasse gilt Experten als Paradebeispiel für Trivialpatente, die das US-Patentamt auf Software und computergestützte Geschäftsmethoden vergibt. Es war einer der Auslöser für die sich momentan wieder verschärfende Debatte über Softwarepatente in den USA und weit darüber hinaus. Bislang verliefen jedoch Versuche im Sande, das Patent zu kippen. Der Amazon-Konkurrent Barnes & Noble etwa scheiterte in den Hochzeiten der New Economy mit einer diesbezüglichen Klage gegen Amazon.com. Der Verleger Tim O'Reilly kam mit seinen Einwänden ebenfalls nicht weit: Amazon-Gründer Jeff Bezos räumte aber immerhin ein, dass die Prüfungsqualität beim US-Patentamt verbesserungswürdig sei. Mit O'Reilly schrieb er sogar einen Wettbewerb zur Suche nach Prior Art zum 1-Click-Patent aus. Die entsprechende Unternehmung BountyQuest stieß auf rege Beteiligung, endete jedoch ohne die gesuchte "Killer-Applikation" gegen den Monopolanspruch.

In Europa sieht sich Amazon.com weiterhin mit mehreren Einsprüchen gegen einen Ableger des umstrittenen 1-Click-Patents konfrontiert, bei dem es um einen Schutzanspruch auf das Einlösen von Geschenkgutscheinen geht. Das zuständige Europäische Patentamt lässt sich aber nach wie vor Zeit mit der Überprüfung des von ihm erteilten Patents. Von der Nichtigkeit des Anspruchs sind unter anderem Fleurop, die Gesellschaft für Informatik (GI) sowie der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) überzeugt.

Zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente unter anderem in Europa und um die die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)