kino.to: Polizeiaktion gegen Filmpiraten
Die populäre Linksammlung mit Verweisen zu aktuellen Filmdownloads und Streams ist seit dem Vormittag offline. Die Polizei hat im Rahmen einer internationalen Razzia 13 mutmaßliche Hintermänner festgenommen.
Mit Razzien in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden haben Ermittlungsbehörden am heutigen Mittwoch zum Schlag gegen Hintermänner des populären Filmportals Kino.to ausgeholt. 13 Personen wurden festgenommen, nach einer weiteren werde noch gefahndet, teilte die zuständige Generalsstaatsanwaltschaft Dresden mit. Gegen die Betreiber der Website und ihre Helfer werde wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerbsmäßigen Begehung von Urheberrechtsverletzungen ermittelt.
In Deutschland durchsuchten 250 Polizisten und Steuerfahnder sowie Datenspezialisten über 20 Wohnungen, Geschäftsräume und Rechenzentren, erklärte die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), auf deren Anzeige hin die Ermittlungen aufgenommen worden waren. Die Website sowie zahlreiche Filehoster wurden vom Netz abgeklemmt, stattdessen gibt es unter den Domains einen Hinweis der Behörden.
Kino.to versammelte Links zu meist illegalen Kopien aktueller Filme, die als Stream direkt im Browser angeschaut oder heruntergeladen werden konnten. Nach Angaben der Dresdener Generalstaatsanwaltschaft ist Kino.to "das größte deutschsprachige Portal, über das Raubkopien von Spielfilmen und Serien illegal verbreitet werden". Die Webseite habe etwa 4 Millionen Nutzer täglich. [Update: Bezüglich der Nutzerzahlen von Kino.to gibt es widersprüchliche Angaben. In älteren Berichten ist von 400.000 Nutzern täglich die Rede, bei der GVU von über 250.000.] Der Schaden für die Filmwirtschaft liege im "siebenstelligen Euro-Bereich". Auch die Gewinne der Hauptbeschuldigten sollen im Millionen-Bereich liegen.
Die GVU spricht von einem "System Kino.to", in das neben der Hauptseite auch zahlreiche Filehoster verflochten seien. Es bestehe der begründete Verdacht, dass einige dieser Speicherdienste direkt mit Kino.to verbündet oder sogar eigens von den Betreibern gegründet worden seien, heißt es bei der GVU. Dabei fließen unter anderem Werbeerlöse oder Vermittlungsprovisionen. Die Organisation der Filmbranche ermittelt nach eigenen Angaben seit 2008 gegen das Filmportal, dem sie ein "parasitäres Geschäftsmodell" auf Grundlage "systematischer Verletzungen von Urheber- und Leistungsschutzrechten" vorwirft.
Nach einem Strafantrag der GVU vom 28. April nahm in Dresden die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES) die Ermittlungen auf. Die Sondereinheit der Generalstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderem in Fällen der Organisierten Kriminalität, bei Wirtschaftsdelikten und Korruption. Dabei arbeiten Staatsanwälte, Polizisten, Wirtschafts- und Buchhaltungsfachkräfte sowie eventuell benötigte Spezialisten zusammen. Auch in Österreich waren die Behörden zuletzt gegen das Portal vorgegangen.
[Update: Die Sondereinheit ermittelt insgesamt gegen 21 Personen, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegenüber heise online. Gegen 14 Hauptbeschuldigte sei Haftbefehl erlassen worden. Während zwölf Verdächtige in Deutschland verhaftet wurden, sei eine Person in Spanien in Gewahrsam genommen worden. Nach einer weiteren Person werde noch gefahndet. Die Hauptverdächtigen haben den Angaben zufolge Wohnsitz und oder Büros im Zuständigkeitsbereich der sächsischen Justiz. In Deutschland schlugen die Ermittler in Leipzig, Hamburg, Bremen, Nürnberg, Minden, Berlin und Zwickau zu.
Einige der betroffenen Filehoster seien nach den Erkenntnissen der Generalstaatsanwaltschaft von den mutmaßlichen Betreibern des Portals selbst unterhalten worden, bestätigte der Sprecher. Während die Website selbst offenbar in Russland gehostet wurde, standen die Server einiger Filehoster auch in deutschen Rechenzentren, die am Mittwoch Besuch von der Polizei bekamen.
Bei den Durchsuchungen von Wohnungen, Büros und Rechenzentren sind zahlreiche Unterlagen und Dateien beschlagnahmt worden, die nun ausgewertet werden. Vertreter der GVU waren bei der Polizeiaktion nicht dabei, sagte eine Sprecherin der Branchenorganisation in Berlin. Die GVU habe aber vor dem Strafantrag umfangreiche Ermittlungen angestellt, die schon deutliche Indizien auch auf beteiligte Personen erbracht hätten. Inzwischen ist die Website der GVU nicht mehr erreichbar. Die Organisation macht dafür einen Angriff verantwortlich
Im Internet kursieren derzeit Bilder, die AuszĂĽge eines Durchsuchungsbeschlusses gegen einen SaarbrĂĽcker Hoster zeigen sollen. Demnach richten sich die Ermittlungen auch gegen vier weitere Portale, die ebenfalls von den Beschuldigten betrieben worden sein sollen. Sollte es schlieĂźlich zu einer Anklage kommen, drohen den Betreibern Haftstrafen. Das StrafmaĂź fĂĽr Bildung einer kriminellen Vereinigung reicht bis zu fĂĽnf Jahre.
Die Ermittlungen der Justiz konzentrieren sich vorrangig auf die Betreiber. Die Sondereinheit sei kaum für Ermittlungen gegen einzelne Nutzer gedacht, hieß es bei der Generalstaatsanwaltschaft. Doch werde man die Rechtslage prüfen. Heise-Jusitiziar Joerg Heidrich hält es allerdings für "eher unwahrscheinlich", dass Nutzer von kino.to mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen müssen. Die Rechtslage sei bei Streamingangeboten noch ungeklärt. Ohnehin sei unbekannt, ob bei Kino.to die
IP-Adressen der User erfasst wurden. "Sicher ist nur, dass die Betreiber des Angebots mit harten Strafen zu rechnen haben, sofern sich der Verdacht des gewerbsmäßigen Handelns erhärtet.".]
(vbr)