CrowdConvention: Leise Revolution

Auf der ersten europäischen Crowdsourcing-Konferenz haben Experten und Unternehmen das Potenzial der online verteilten Arbeit und deren Implikationen diskutiert.

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Von
  • Frank Puscher

Nur ein dreiviertel Jahr nach der ersten CrowdConvention in San Francisco gastierte die Veranstaltung am Mittwoch in Berlin, getragen von Clickworker und Crowdsourcing.org. Dort trafen 150 Gäste auf 24 Referenten und diskutierten einen Tag lang die Marktchancen für Crowdsourcing-Projekte in Deutschland.

Die meisten Vortragenden waren sich darin einig, dass Crowdsourcing nicht als Revolution nach Europa kommt, sondern als sanfte, leise Entwicklung. Der Experte Jeff Howe erklärte dazu, dass die derzeit sichtbaren Erscheinungsformen nur die Spitze des Eisbergs seien. Mit der steigenden ökonomischen Bedeutung erwarte er aber auch wachsenden politischen Gegenwind: "Die Reaktion der Verbände und Gewerkschaften wird kommen, und die haben laute Stimmen." Mikrotask-Gründer Harri Holopainen geht davon aus, dass sich Pendants zu den Gewerkschaften gründen werden, die sich für eine faire Entlohnung beim Crowdsourcing einsetzen.

In einer Podiumsdiskussion ging es um die Frage, ob Crowdsourcing zur Ausbeutung der Arbeitskräfte führt. Für die Plattformen, die mit Freiberuflern arbeiten, wurde das grundsätzlich verneint. Man gehe davon aus, dass diese ihre Projektauswahl selbstbestimmt führen. Bei Plattformen, die sich an jedermann richteten, könne diese Gefahr aber bestehen.

Pia Erkinheimo, Crowdsourcing Manager bei Nokia, illustrierte, dass Crowdsourcing-Projekte in einem großen Unternehmen erhebliche Hindernisse überwinden müssen, um dauerhaft Teil der Entwicklungsprozesse zu werden: "60 Prozent meiner Zeit verbringe ich mit internen Predigten." Sie selbst ist fest davon überzeugt, dass das nächste Facebook nicht von Unternehmen produziert wird, sondern von der Crowd: "Das nächste große Ding kommt von uns Hausfrauen."

Mit Sigrid Ruppert betrat eine echte Clickworkerin das Podium. Bereitwillig gab sie Auskunft über ihren Arbeitsalltag und über ihren Verdienst, der zwischen 200 und 300 Euro monatlich liegt. Kritik äußerte Ruppert dahingehend, dass bei manchen Aufträgen nichts über das eigentliche Projekt, den Auftraggeber oder die Zielgruppe zu erfahren sei.

Einige Redner stellten spannende Crowdsourcing-Projekte vor. Viel Applaus erhielt Ville Mietinnen von Microtask für die Einbindung von Miniaufgaben aus dem Bereich Textanalyse in Onlinespielen. Ein ähnliches Beispiel stellte Markus Krause vor, Doktorand am TZI in Bremen: In "On to galaxy" beschrifteten die Spieler Bilder, was als Teil der Spielemechanik nahtlos eingebunden war. Im Vergleich zu bezahlten Aufträgen dieser Art erzielte das Spiel die zehnfache Resonanz. Laut Krause lohnt sich das Konzept aber nur, wenn man sehr große Mengen an Aufgaben abzuarbeiten hat.

Die von Lukas Biewald von Crowdflower demonstrierte Lösung für Übersetzungsprobleme während der Haiti-Katastrophe zeigte eindrucksvoll, wie schnell verteilte Arbeitsumgebungen ad hoc skalieren können. Am Rande der Show präsentierten sich etliche kleine Startups und hinterließen den Eindruck einer wachsenden Bewegung. (ad)