Extraauge fürs Auto

Eine neue Android-App warnt Fahrer vor Kollisionen auf der Autobahn. Das geschieht allerdings nicht ganz ablenkungsfrei.

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Von
  • Kristina Grifantini

Eine neue Android-App warnt Fahrer vor Kollisionen auf der Autobahn. Das geschieht allerdings nicht ganz ablenkungsfrei.

Einige PKW aus höheren Preissegmenten besitzen bereits seit längerem Radarwarnsysteme, die den Fahrer darauf aufmerksam machen, wenn sich ein Auffahrunfall abzeichnet – manches System bremst sogar automatisch. Wem dieses Sicherheitsextra noch fehlt, kann es mittlerweile aber auch durch Smartphone-Anwendungen ersetzen.

iOnRoad, übersetzt: "Auge auf der Straße", überwacht das Verhalten anderer Fahrzeuge vor dem Auto, die sich im Blickfeld der Handy-Kamera befinden. Dabei werden Bilderkennungsalgorithmen ebenso eingesetzt wie der GPS-Navigationschip, der Beschleunigungssensor und das Kreiselinstrument, das in immer mehr Geräten steckt. So wird die Entfernung zu anderen Autos berechnet und die Geschwindigkeit, mit der diese unterwegs sind.

In der Praxis befestigt man sein Smartphone zunächst mit einer Halterung auf dem Armaturenbrett und startet die App, die derzeit für das Google-Betriebssystem Android angeboten wird. Anschließend überwacht das Handy die Straße und gibt einen Warnton aus, wenn man sich dem Vordermann zu arg nähert. Das soll früh genug passieren, dass man noch auf die Bremse treten kann.

iOnRoad ist eine clevere Idee, die zeigt, wie mächtig Smartphones mittlerweile geworden sind. Noch vor wenigen Jahren hätte man eine solche App für Mobilgeräte gar nicht entwickeln können, sie wären zu langsam gewesen.

Im Praxistest der Technology Review-Redaktion erwies sich die Android-App allerdings teilweise als Ablenkung. Bei der Fahrt über Autobahn und Landstraße neigt der Fahrer dazu, dauernd auf das Gerät zu schauen, um zu erkennen, ob sich die Annäherungsdistanz von Grün nach Gelb verändert, was einen zu geringen Abstand ankündigt. Das kann dazu führen, dass man sich weniger auf die Straße und mehr auf sein Smartphone konzentriert – doch dessen Kamera zeigt eben nur einen Teil des Umgebungsverkehrs.

iOnRoad läuft aber auch in einem Hintergrundmodus, bei dem nur ein Warnton und ein Warnsignal auf dem Display ausgegeben werden, ohne dass man ständig auf das Gerät schauen müsste. Es wäre sogar möglich, die App parallel zu einer GPS-Anwendung zu verwenden, wenn das Handy leistungsfähig genug ist.

Die Firma hinter iOnRoad, das israelische Start-up Picitup, kennt sich im Bereich der Bilderkennung aus: So entwickelte das Unternehmen unter anderem eine automatische Katalogisierung für eBay-Produkte. Anfangs soll das ab Juli erhältliche iOnRoad kostenlos sein, später dann aber Geld kosten. Ein Preis steht noch nicht fest.

Die App ist so eingestellt, dass gewarnt wird, wenn der Nutzer mit Geschwindigkeiten über 20 km/h zu nah auffährt oder die App erkennt, dass ein Crash in unter 0,7 Sekunden erfolgen könnte (Genauigkeit: 0,1 bis 02 Sekunden). Integriert ist außerdem ein Nachtsichtmodus, doch im Nebel oder Schnee dürfte das nicht viel helfen.

Alon Atsmon, Chef von Picitup, glaubt, dass solche Systeme sich ähnlich schnell wie GPS verbreiten werden, das anfangs auch nur für hochpreisige Fahrzeuge bereitstand. "Die Technik wandert von teuren Autos in eigene Geräte und Smartphones."

Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob solche Warnsysteme nicht selbst zur Fahrerablenkung beitragen: Ist sich der nämlich seiner Sache zu sicher, kommt es vielleicht doch zu Unfällen. (bsc)