Herzschrittmacher per Smartphone überwachen

Künftig brauchen Herzschrittmacher keine Elektroden mehr und melden ihre Daten direkt an Smartphones der betreuenden Ärzte, berichtet Technology Review in der aktuellen Juli-Ausgabe.

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Künftig brauchen Herzschrittmacher keine Elektroden mehr und melden ihre Daten direkt an Smartphones der betreuenden Ärzte, schreibt das Magazin Technology Review in der aktuellen Juli-Ausgabe (seit heute am Kiosk oder im Heise-Online-Shop portokostenfrei zu bestellen).

Seit mehr als 50 Jahren helfen Ärzte Patienten, die unter Herzrhythmusstörungen leiden, mit Herzschrittmachern. Doch die bis zu 60 Zentimeter langen Elektrodendrähte bilden bis heute die Achillesferse des Systems. Probleme bereiten die korrekte Platzierung sowie Infektionen und Blutgerinnsel an den Elektroden. Hinzu kommen Ortsverlagerungen und Kabelbrüche durch Materialermüdung.

Scheiterte eine Umstellung auf drahtlose Schrittmacher lange an den hohen technologischen Anforderungen, stellte jetzt David Steinhaus, Vizepräsident des US-Branchenriesen Medtronic, einen kabellosen Prototyp vor: "Unser neuer Schrittmacher wird einfacher zu implantieren sein, ein minimales Infektionsrisiko haben und alle Probleme umgehen, die wir bisher mit den Elektroden in Kauf nehmen mussten."

Die gesamte Elektronik inklusive Batterie passt in eine gerade einmal rund einen Kubikzentimeter große längliche Kapsel. Der kabellose Schrittmacher kann per Katheter über einen kleinen Schnitt in der Leistenbeuge durch die Beinvene zum Herzen gefädelt und dort platziert werden. Vor Ort krallen sich dann vier kleine ausfahrbare Widerhaken in das Gewebe, um das Gerät dauerhaft zu fixieren. Über diesen Halteapparat erfolge zugleich auch die Stimulation per Elektroimpulse, erklärt Steinhaus. Als zusätzliche Komfortfunktion sollen Kardiologen die Arbeit des neuen Schrittmachers künftig per Smartphone überwachen können. Zum Vergleich: Bisherige Schrittmacher sind vier bis fünf Zentimeter groß und bis zu acht Millimeter dick. Entsprechend groß ist der Schnitt, durch den sie unter die Haut eingepflanzt werden; zudem müssen die Elektroden durch eine Venenwand hindurch ins Gefäßsystem und dann ins Herz vorgeschoben werden.

In drei bis fünf Jahren soll die erste Generation des drahtlosen Taktgebers auf den Markt kommen. Das sei besonders in bevölkerungsreichen Ländern von großem Nutzen, so Steinhaus: In Indien zum Beispiel stünden heute für rund 1,2 Milliarden Einwohner nur 70 Experten zur Verfügung, die Herzschrittmacher-Elektroden implantieren können. "Da unseren drahtlosen Herzschrittmacher nahezu jeder Kardiologe per Katheter einsetzen kann, verbessert sich die medizinische Versorgung damit erheblich." (wst)