Microsoft legt dank Office, Servern und Spielkonsolen zu

Wieder einmal erzielt Microsoft Rekord-Umsätze und -Gewinne - allerdings schwächelt die Windows-Sparte weiter, und die Probleme im Online- und Smartphone-Bereich bleiben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nach den Überfliegern von Apple und von Google, die erneut blendende Geschäftszahlen vorlegten, blickten die Börsen- und IT-Branchenexperten gespannt auf Microsoft. Im Vorfeld der Vorlage der Bilanz für Microsofts viertes Geschäftsquartal waren beispielsweise Zahlen für die Miccrosoft-Suchmaschine Bing bekannt geworden, die gemischte Gefühle auslösten: Zuwachs für Bing selbst, aber Verluste für Yahoo, die mittlerweile ebenfalls Bing nutzen – im Ergebnis ein Minus für Microsoft. Und der Handy-Partner Nokia schwächelt doch sehr, ist beim Smartphone-Verkauf gar hinter Apple zurückgefallen.

Der Umsatz von Microsoft im vierten Geschäftsquartal erreicht nun wieder einen Rekordwert: 17,37 Milliarden US-Dollar, ein Plus von 8 Prozent im Vergleich zum gleichen Quartal des Vorjahrs. Der Gewinn liegt bei 5,87 Milliarden US-Dollar oder 69 Cents pro Aktie, ein Zuwachs um 30 beziehungsweise 35 Prozent. Für das gesamte Geschäftsjahr 2011 weist Microsoft einen Umsatz von 69,94 Milliarden US-Dollar aus (plus 12 Prozent), der Nettogewinn beträgt 23,15 Milliarden US-Dollar (plus 23 Prozent) respektive 2,69 US-Dollar pro Aktie (plus 28 Prozent). Damit lag Microsoft über den Prognosen: Von Börsianern erwartet wurden für das Quartal 17,23 Milliarden US-Dollar Umsatz und ein Gewinn von 57 Cents pro Aktie.

Schlaglichter auf Details der Microsoft-Bilanz zeigen mögliche Probleme. Eigentlich steht man ja ausgezeichnet da mit steigenden Umsätzen und Gewinnen. Aber dort, wo die Musik spielt und wo Google und Apple den Ton angeben, da hat der Softwarekonzern aus Redmond doch immer noch einige Probleme. Und auch Windows, neben Office der Umsatz- und Gewinnbringer des Konzerns, konnte in den vorangegangenen Quartalen nicht so recht überzeugen – ein Zeichen, dass ein schwächelnder PC-Markt und der Boom bei Tablets auch das Windows-Geschäft Microsofts beeinträchtigen können. Selbst Office könnte unter Druck geraten: Bei der Bereitstellung von Büro-Anwendungen hat Google Microsoft ebenfalls etwas vorgemacht; Microsoft versucht unter anderem nun, dem mit dem Cloud-Angebot Office 365 Paroli zu bieten.

Im abgelaufenen Quartal konnte Microsoft nun vor allem aufgrund der Umsätze mit dem Office-Paket zulegen, außerdem hebt der Konzern den Bereich Server & Tools sowie die Xbox 360 als Umsatzbringer hervor. Die Umsätze der Windows-Sparte dagegen waren weiter rückläufig – im dritten Quartal in Folge. Das spricht dafür, dass der Wandel der Computer-Branche, der zumindest in Teilen weg vom PC hin zu Tablets, Smartphones und anderen neuen Geräteformen führt, eine der Kernsparten von Microsoft erfasst hat. Der Softwarekonzern hebt hervor, dass Office 2010 die sich am schnellsten verkaufende Version von Office in der Unternehmensgeschichte sei, über 100 Millionen Lizenzen habe man bereits verkauft. Über die Situation mit Office 365 machte Microsoft noch keine weiteren Angaben.

Die Business-Division (Office, Exchange, Dynamics) kann den Umsatz im Quartal um 7 Prozent (auf 5,78 Milliarden US-Dollar) und im Gesamtjahr um 16 Prozent (auf 22,19 Milliarden US-Dollar) steigern. Der operative Gewinn kletterte im Quartal von 3,2 auf 3,6 Milliarden und im Gesamtjahr von 11,5 auf 14,1 Milliarden US-Dollar. Ähnlich positiv entwickelt sich der Bereich Server & Tools (unter anderem Windows Server, SQL Server, das Cloud-System Azure, Windows Embedded, Entwickler-Tools): Hier gab es ein Umsatzplus von 12 Prozent im Quartal (auf 4,64 Milliarden US-Dollar) und von 11 Prozent im Jahr (auf 17,1 Milliarden US-Dollar). Der operative Gewinn stieg von 1,56 auf 1,78 Milliarden US-Dollar für das Quartal und von 5,54 auf 6,61 Milliarden US-Dollar für das Gesamtjahr.

Anders sieht es bei der Windows-Division (PC-Betriebssysteme und Windows-Live-Dienste) aus. Der Umsatz im Quartal sank um 1 Prozent auf 4,74 Milliarden US-Dollar und im Gesamtjahr um 2 Prozent auf 19 Milliarden US-Dollar. Der operative Gewinn im vierten Quartal fiel von 3,1 auf 2,9 Milliarden US-Dollar und im Gesamtjahr von 13 auf 12,3 Milliarden US-Dollar. Mit Firmenkunden habe der Umsatz zwar um 8 Prozent zugenommen, dies sei aber durch die äußerst schwache Nachfrage bei den privaten Verbrauchern mehr als ausgeglichen worden, hieß es bei Microsoft.

In der Sparte Online-Services (zu der unter anderem die Suchmaschine Bing, MSN und der Online-Anzeigenbereich gehört) erreichte Microsoft ein Umsatzwachstum von 17 Prozent im Quartal und 15 Prozent im Jahr (auf 662 Millionen respektive 2,53 Milliarden US-Dollar). Dies führt der Konzern vor allem auf gestiegene Einnahmen durch die Suchmaschine Bing zurück. Gleichzeitig stiegen aber auch die operativen Verluste des Bereichs: von 688 auf 728 Millionen US-Dollar im Quartal beziehungsweise von 2,34 auf 2,56 Milliarden US-Dollar im Gesamtjahr.

Der Bereich Entertainment & Devices (XBox 360, TV-Software, Windows Phone) legte beim Umsatz um 30 Prozent für das Quartal und um 45 Prozent für das Gesamtjahr zu – wobei Microsoft keine Zahlen für Absatz und Bilanz von Windows Phone 7 bekannt gab, sondern den Zuwachs der Sparte mit dem anhaltend guten Verkäufen der Spielekonsole Xbox 360 und der zugehörigen Bewegungssteuerung Kinect begründet. Nach einem Verlust von 172 Millionen US-Dollar im vierten Quartal des Vorjahrs erzielte Microsoft hier nun einen operativen Gewinn von 32 Millionen US-Dollar, für das Gesamtjahr stieg der Gewinn von 618 Millionen auf 1,32 Milliarden US-Dollar.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)
Quartal Umsatz Nettogewinn
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.) 2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
4/07 13.371 Mio. 3.035 Mio.
1/08 13.762 Mio. 4.289 Mio.
2/08 16.367 Mio. 4.707 Mio.
3/08 14.454 Mio. 4.388 Mio.
4/08 15.837 Mio. 4.297 Mio.
1/09 15.961 Mio. 4.373 Mio.
2/09 16.629 Mio. 4.174 Mio.
3/09 13.648 Mio. 2.977 Mio.
4/09 13.099 Mio. 3.045 Mio.
1/10 12.920 Mio. 3.574 Mio.
2/10 19.022 Mio. (17.31 Mio. ***) 6.662 Mio.
3/10 14.503 Mio 4.006 Mio
4/10 16.039 Mio. 4.518 Mio.
1/11 16.195 Mio. 5.410 Mio.
2/11 19.953 Mio. 6.634 Mio
3/11 16.428 Mio. 5.232 Mio.
4/11 17.367 Mio. 5.874 Mio.

* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die
Einigung mit Novell
*** ohne Deferred Revenue, der durch Einnahmen mit Windows 7 vor der allgemeinen Verfügbarkeit des Betriebssystems erzielt wurde (jk)