100-Dollar-Laptop geht in Testphase

Die nächsten Monate werden zum entscheidenden Prüfstein für das Projekt One Laptop per Child, schreibt Bestseller-Autor James Surowiecki in der neusten Ausgabe von Technology Review.

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Die nächsten Monate werden zum entscheidenden Prüfstein für das Projekt One Laptop per Child, schreibt Bestseller-Autor James Surowiecki in der neusten Ausgabe von Technology Review. Die ersten 800 Geräte wurden in diesem Herbst tatsächlich produziert und müssen nun erst einmal eine Testtortur in fünf Ländern hinter sich bringen, um zu zeigen, was sie wirklich können.

Im Inneren des Laptops arbeitet ein stromsparender AMD-Prozessor mit 366 MHz. Er kann auf 128 MByte Arbeitsspeicher zugreifen. Statt mit Festplatte ist die Maschine mit 512 MByte Flash-Speicher ausgestattet. Der eingebaute WLAN-Chip beherrscht sowohl den Standard 802.11b als auch das schnellere 802.11g. Ebenfalls integriert sind Mikrofon, Lautsprecher und eine Kamera. Zusätzliche Geräte lassen sich über drei USB-Ports anschließen. Die Energieversorgung besteht aus fünf gewöhnlichen Nickel-Metallhydrid-Akkus. Damit das Gerät auch ohne Stromnetze funktioniert, ist das Aufladen per Muskelkraft vorgesehen. Die Idee einer Handkurbel ist allerdings mittlerweile aus dem Rennen, weil sie das Gehäuse zu stark belastet. Als Betriebssystem soll eine abgespeckte Linux-Variante zum Einsatz kommen, die grafische Benutzeroberfläche dafür heißt Sugar und wird von OLPC selbst entwickelt.

Im Oktober hatte Libyen eine Absichtserklärung unterschrieben, nach der es sich verpflichtet, eine Million der Laptops zu kaufen, wenn sie in den Tests überzeugen. Vier weitere Nationen – Argentinien, Brasilien, Mexiko und Nigeria – scheinen ebenfalls unterschreiben zu wollen, wenn die Geräte laufen, wie geplant. Doch die Massenproduktion der Geräte wird erst dann anlaufen, wenn mindestens fünf Millionen Laptops verbindlich vorbestellt sind.

Um sein ehrgeiziges Vorhaben zu finanzieren, schreibt Surowiecki, belebt Initiator Nicholas Negroponte ein Modell neu, das einst in den USA selbst zum Aufbau eines nahezu flächendeckenden Netzes öffentlicher Bibliotheken geführt hat: Andrew Carnegie, als Kind einer armen schottischen Einwandererfamilie, der in der Stahlindustrie ein Vermögen gemacht hatte, so etwas wie die Verkörperung des amerikanischen Traums, gründete öffentliche Bibliotheken: Doch statt einfach alles selbst zu stiften, bot er den Städten eine großzügige Startfinanzierung unter der Bedingung an, dass sie später selbst für den Betrieb aufkommt. Daraus entstand die "Carnegie- Formel", nach der sich der Beschenkte auf ein jährliches Budget für Dinge wie neue Bücher, Instandhaltung und Personal verpflichten musste, das einem Zehntel von Carnegies Spende entsprach.

Das Modell hat jedoch einen immanenten Nachteil: In einer idealen Welt mit unendlich hohen Budgets wäre ein Laptop für jedes Kind eine feine Sache. Aber in der gar nicht so idealen Realität der Entwicklungsländer sind Millionen- oder gar Milliardenausgaben für Computer ein Luxus, den sich keine Regierung leisten kann. Brasilien zum Beispiel hat ungefähr 45 Millionen Kinder im Schulalter; jedem einen Laptop zu kaufen, würde 6,3 Milliarden Dollar kosten. Ist das Geld gut angelegt, wenn man bedenkt, dass viele Brasilianer in verzweifelter Armut leben?

Doch das historische Beispiel zeigt auch: In den Nachkriegs-USA hätte Carnegie mit seinem Geld alles Mögliche anstellen können – in manchen Städten beschwerten sich tatsächlich Leute, dass ihr Steuergeld für Wichtigeres ausgegeben werden solle. Langfristig betrachtet aber, wäre es schwer zu behaupten, dass Carnegie oder die Steuerzahler das Bibliotheken-Geld verschwendet hätten. Dafür sind die Vorteile von weit verbreitetem Wissen einfach zu groß. Ebenso könnte es ein Fehler sein anzunehmen, dass sich nur reiche Länder Technologie leisten können und dass ärmere Länder sich lieber auf Grundlegendes wie Gesundheit und Wasser konzentrieren sollen.

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