Bundesregierung sieht keinen Korrekturbedarf nach Dresdner Handy-Affäre

Bei einer Funkzellenabfrage ist es nach Ansicht des Innenministeriums aufgrund der angewandten Technik unvermeidbar, dass auch Verbindungsdaten Unbeteiligter erhoben werden. Der Gesetzgeber habe dies bereits berücksichtigt.

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Die Bundesregierung sieht nach der umfangreichen Auswertung von Handy-Verbindungsdaten im Umfeld einer Demonstration im Februar in Dresden keinen gesetzlichen Nachbesserungsbedarf. Bei der zum Einsatz gekommenen Funkzellenabfrage sei es aufgrund der angewandten Technik zwar "regelmäßig unvermeidbar", dass auch Daten Unbeteiligter erhoben werden, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Antwort (PDF-Datei) des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag. Diese Problematik habe der Gesetzgeber aber bereits gesehen. So sei bei der Beantragung der Ermittlungsmaßnahme zu berücksichtigen, inwieweit Dritte davon betroffen seien. Das Instrument müsse daher im Einzelfall zeitlich oder örtlich weiter begrenzt werden oder unterbleiben, wenn dies nicht möglich sei.

Die sächsische Polizei hatte im Umfeld der Protestaktionen gegen Neonazis nicht nur über eine Million Verbindungsdaten ausgewertet, sondern im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens und auf richterlichen Beschluss auch die Gespräche und SMS zweier Mobilfunkanschlüsse abgehört. Im Zuge der Affäre versetzte der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) den Dresdner Polizeipräsidenten. Nach Ansicht der Bundesregierung haben die zuständigen Ermittlungsbehörden selbst "stets sorgfältig abzuwägen", ob entsprechende Maßnahmen verhältnismäßig sind. Dies sei schon bei einem Antrag zu einer Funkzellenabfrage vor Gericht oder bei einer Anordnung aufgrund von Gefahr in Verzug durch die Staatsanwaltschaft zu prüfen. Informationen über bundesweite Fälle, in denen eine solche Auswertung von Handy-Daten gerichtlich genehmigt oder abgelehnt worden ist, liegen dem Innenressort nach eigenen Angaben nicht vor. Funkzellenabfragen würden statistisch nicht gesondert erfasst.

Eine prinzipielle Beschränkung der Datenerhebung auf die Kommunikation mit Beschuldigten hält die Bundesregierung nicht für angemessen. Die Analyse der Verbindungsangaben diene schließlich erst der Ermittlung, welche Mobilfunkteilnehmer sich zu einer bestimmten zeit an einem bestimmten Ort aufgehalten haben und damit als Verdächtigte in Betracht kommen. Dass die sächsische Regierung selbst eine Initiative der gesetzlichen Regelungen zur Funkzellenabfrage im Bundestag angekündigt hat, kommentiert das Innenministerium nur mit dem Hinweis, dass man einen solchen Vorschlag prüfen werde. Die Bundesregierung hat dem Schreiben zufolge keine Kenntnis davon, dass sich die Maßnahme gegen Bundestagsabgeordnete gerichtet habe und somit deren Immunität berührt worden sei. Die Grünen hatten zuvor moniert, dass auch die Verbindungsdaten mehrerer ihrer Fraktionsangehörigen erfasst worden seien. (vbr)