Wau Holland: Offenheit ist eine Zier

Vor 10 Jahren starb Wau Holland, einer der Gründer des Chaos Computer Clubs: "Wir müssen die Rechte der Andersdenkenden selbst dann beachten, wenn sie Idioten oder schädlich sind. Wir müssen aufpassen."

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Von
  • Detlef Borchers

Vor 10 Jahren starb Wau Holland, einer der Gründer des Chaos Computer Clubs. Auf seiner Beerdigung wurde die Wau Holland-Stiftung gegründet, die als gemeinnütziges Archiv der Hackerbewegung derzeit eine der wenigen Möglichkeiten bietet, Spenden an Wikileaks zu übermitteln.

Mit dem Tod von Wau Holland verlor die Hackerbewegung ihre Vaterfigur, einen Denker, der immer wieder dazu aufforderte, neben der Untersuchung und Kritik von technischen Systemen auf die Menschen einzugehen. Er scheute nicht davor zurück, den jüngeren Hackern im CCC mit Rosa Luxemburg oder Friedrich Engels klarzumachen, wie wichtig offene Diskussionen sind: "Wir müssen die Rechte der Andersdenkenden selbst dann beachten, wenn sie Idioten oder schädlich sind. Wir müssen aufpassen." Bis zu seinem Tod war Wau Holland Alterspräsident des CCC, der sich von einer Vereinigung für Technikfans zu einer kritischen Instanz entwickelte und bald seinen 30. Geburtstag feiern kann. "Sein Tod an den Folgen eines Schlaganfalls am 29. Juli 2001 hat sicher dazu beigetragen, die deutschen Hacker im und um den CCC zusammenzuschweißen und sie nach dem 9/11-Crash energischer als anderswo in die großen Propagandaschlachten um den Überwachungsstaat zu führen", schreibt Gerd R. Rueger in seinem Buch "Julian Assange – Die Zerstörung von Wikileaks?".

Was immer Wau Holland schweißte, sein Talent, eine Gruppe sehr individualistischer Datenreisender auf eine gemeinsame Reise mitzunehmen, war unbestritten. Dabei musste er auch empfindliche Niederlagen einstecken. Anders als beim ruhmreichen BTX-Hack, mit dem der CCC einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, sah sich Wau Holland beim KGB-Hack in die Defensive gedrängt. Zu seinen Ansichten über Spaßbereiten, aber auch verantwortungsvollen Umgang mit dem Gerät passte es nicht, dass Hacker Wissen an Geheimdienste verkaufen. Mit seinem Eintreten für unbedingte Offenheit eckte Wau Holland auch in den eigenen Kreisen an. Manche seiner in Mailbox-Systemen und dem Usenet verbreiteten und heute von Google aufbewahrten Gedanken sind unvermindert aktuell: "Es ist hingegen sinnvoll, ein soziales Gedaechtnis zu haben auch ueber die Entwicklung der linken Ideengeschichte. Auch Friedrich Engels hat nicht im Geheimarchiv gearbeitet, sondern in oeffentlichen Bibliotheken. Dass politische Polizeien Missbrauch treiben von Archiven und Ideentraeger verfolgen, ist ein historisches Uebel, das sich IMO durch Offenheit begrenzen laesst und nicht durch Geheimhaltung."

Zur Erinnerung an Wau Holland siehe auch den Beitrag von Peter Glaser im Blog von Technology Review:

(jk)