Beauftragter für Informationsfreiheit fordert mehr Transparenz

Der Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Akteneinsicht bei Bundesbehörden eine erste Bilanz gezogen und Probleme mit der praktischen Umsetzung konstatiert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 12 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Der Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit und den Datenschutz, Peter Schaar, hat ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Akteneinsicht bei Bundesbehörden eine erste Bilanz gezogen. Die bisherigen Erfahrungen haben seiner Ansicht nach gezeigt, "wie wichtig das Informationsfreiheitsgesetz für eine offene und demokratische Gesellschaft ist." Gleichzeitig bemängelt Schaar, dass "leider noch immer einige Verwaltungen Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung haben." In zahlreichen Fällen habe er den Auskunft beantragenden Bürgern im vergangenen Jahr aber trotzdem helfen können, die gewünschten Informationen zu bekommen. Der Mittelsmann verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass in Zukunft die Bürger ihre Rechte noch besser kennen lernen und notfalls davon Gebrauch machen. Die Behörden forderte Schaar auf, "von sich aus für mehr Transparenz sorgen, indem sie möglichst viele wichtige Informationen im Internet veröffentlichen."

Insgesamt haben sich 2006 in 196 Fällen frustrierte Informationssuchende an den Bundesbeauftragten gewandt: in 102 Fällen, weil einzelne öffentliche Stellen des Bundes ihren Antrag auf Informationszugang ganz oder teilweise ablehnten oder gar nicht reagierten. In 94 Fällen war dagegen eine konkrete Zuordnung zu einer bestimmten Behörde nicht gegeben. Hinzu kamen zahlreiche telefonische Anfragen. Die schriftlichen Beschwerden richteten sich gegen Behörden sämtlicher Bundesministerien. Am häufigsten betroffen war das Ressort für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit 19 Eingaben, gefolgt vom Bereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit 17 und des Finanzressorts mit 14 Beschwerden.

In den 161 inzwischen abgeschlossenen Fällen konnte Schaars Mannschaft in rund zwei Dritteln eine für den Antragsteller günstige Lösung erreichen. Die Behörden revidierten dabei oft ihren ursprünglichen, zum Teil sehr pauschal ablehnenden Standpunkt und gewährten dann Einblick in die gewünschten Unterlagen. In bislang zwei Fällen hat der Bundesbeauftragte von seinem Recht Gebrauch gemacht, selbst in die verschlossen gehaltenen Unterlagen zu schauen, um die Ablehnungsgründe zu kontrollieren. Darüber hinaus hat Schaar in einem anderen Fall die erste Beanstandung ausgesprochen. Dieser lag die auch anderweitig anzutreffende Problematik zugrunde, dass die Behörde bei einer Preisgabe der angefragten Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Prozesssituation des Bundes in einem Klageverfahren erwartete. Nach Auffassung Schaars dient der dabei bemühte Ausnahmetatbestand vom allgemeinen Akteneinsichtsrechts jedoch ausschließlich dem Schutz eines laufenden Gerichtsverfahrens an sich, nicht aber dem der prozessbeteiligten Behörde. In einem Rechtsstaat dürfe es nicht sein, dass eine Verwaltungsstelle gegen einen Bürger einen Prozess führt, obwohl sich Unterlagen in ihren Akten befinden, bei deren Bekanntwerden sie den Rechtsstreit verlieren könnte.

Allgemein war ein häufiger Ablehnungsgrund das angebliche Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die Behörden ziehen sich laut Schaar zu schnell hierauf zurück, "ohne die betroffenen Unternehmen zu beteiligen oder ausreichend darzulegen, inwiefern die Offenlegung der begehrten Information zu einem konkreten wirtschaftlichen Nachteil" einer Firma führen könnte. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass häufig zumindest ein teilweiser Informationszugang ermöglicht werden könne.

Finanz-, Wettbewerbs- oder Regulierungsbehörden berufen sich Schaar zufolge ferner immer wieder pauschal auf eine für sie gesondert ins Gesetz aufgenommene weitere Abschottungsklausel. Dabei handele es sich jedoch nicht um eine komplette Bereichsausnahme für diese Behörden. Vielmehr sei von ihnen in jedem Einzelfall konkret dazulegen, inwiefern eine Akteneinsicht nachteilige Auswirkungen auf ihre Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben haben könnte. Häufig werde ein Zugang zu Daten oder Archiven auch deshalb verweigert, weil die Information einer gesetzlichen Geheimhaltungsvorschrift unterliege, moniert der Bundesbeauftragte weiter. "Hier ist jedoch stets sorgfältig zu prüfen, wie weit solche Spezialregelungen tatsächlich reichen." Auch würden vermeintlich "besondere" Amtsgeheimnisse mitunter nur Konkretisierungen des allgemeinen, überkommenen Verschwiegenheitsgrundsatzes darstellen, was einem Informationszugang nicht entgegenstünde. Bei als Verschlusssachen eingestuften Dokumenten sollte ein Antrag auf Informationszugang außerdem zum Anlass genommen werden, die Gültigkeit der Einordnung erneut zu überprüfen.

Zur Informationsfreiheit in Deutschland siehe auch:

(Stefan Krempl) / (vbr)