Bill Gates und Partner starten "Deutschland sicher im Netz"

Kein Unternehmen könne die Absicherung der IT-Infrastruktur alleine stemmen; selbst Microsoft mit einem Milliardenetat für Forschung und Entwicklung könne das nicht bewältigen, meinte der Microsoft-Mitbegründer.

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Von
  • Jürgen Kuri

Microsoft-Chairman Bill Gates hat zusammen mit zahlreichen Partnern die breit angelegte Initiative "Deutschland sicher im Netz" gestartet. "Die Bedrohungen haben zugenommen", sagte Gates laut einem dpa-Bericht. Kein Unternehmen könne die Absicherung der IT-Infrastruktur alleine stemmen. "Selbst Microsoft mit einem Milliardenetat für Forschung und Entwicklung kann das nicht bewältigen", meinte der Microsoft-Mitbegründer. "Wir benötigen die Unterstützung der Regierungen und von anderen Unternehmen. Unser Ziel ist, dass das Computernetzwerk als genauso zuverlässig angesehen wird wie das Stromnetz oder die Wasserversorgung." Gates schlug in München etliche Maßnahmen vor, um den Stand der IT-Sicherheit zu verbessern. So müsse der Einsatz von Passwörtern zum Schutz von vertraulichen Informationen durch die Nutzung von Smartcards und die Auswertung biometrischer Merkmale abgelöst werden.

Neben dem Softwaregiganten Microsoft verpflichteten sich Unternehmen wie SAP und eBay sowie Verbände wie das Deutsche Kinderhilfswerk, die Menschen vor Sicherheitsproblemen und Kriminalität im Internet zu schützen. Die Initiative strebt aber auch an, Menschen zu einem bewussten Umgang mit Informationstechnologie zu motivieren und ihr Vertrauen in neue Technologien zu stärken. Die Komplexität des Themas mache ein Zusammenwirken aller relevanten Kräfte erforderlich. "Deutschland sicher im Netz" bündele darum die Kompetenzen führender IT- und Internet-Unternehmen und erfahrener Fachleute aus Verbänden, öffentlichen Institutionen und der Politik zu einer schlagkräftigen Einheit. Die Initiative verfolge einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl Privatnutzer, Kinder und Jugendliche als auch kleine und mittelständische Unternehmen sowie Behörden mit einschließe.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), der Schirmherr der Initiative, zog laut dpa einen Vergleich zur Automobil-Industrie. "Wer würde je die Sinnhaftigkeit einer Investition in Bremsen oder einen Airbag bestreiten? Aber bei der IT-Sicherheit wird gespart." In Deutschland fielen mehr Arbeitstage durch Mängel in der IT-Sicherheit aus als durch Streiks. "Nur wenn wir (in Politik und Wirtschaft) an einem Strang ziehen und das in die gleiche Richtung, können wir die IT-Sicherheit deutlich vorantreiben." Henning Kagermann, der Chef des größten europäischen Softwarehauses SAP, sagte, gerade kleine und mittlere Unternehmen seien auf eine bessere IT-Sicherheit angewiesen. "Nur so können sie beim Innovationstempo mit den Großen mithalten."

In der Initiative "Deutschland sicher im Netz" wollen sich der Deutsche Sparkassenverlag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, das Deutsche Kinderhilfswerk und die Deutsche Gesellschaft für IT-Sicherheit (Mcert) engagieren. Außerdem beteiligen sich die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), der TeleTrusT Verband sowie die Firmen Computer Associates, eBay, Microsoft, SAP und T-Online an der Aktion. Die beteiligten Partner stellten in München konkrete Handlungsversprechen vor, die im Mai 2006 bei einem weiteren Gipfel bilanziert werden sollen. Microsoft und CA verpflichteten sich etwa, einen Sicherheitscheck zu entwickeln, mit dem Internet-Nutzer ihre Personal Computer umfassend auf Sicherheitsmängel hin überprüfen können. Das kostenlose Programm soll zugleich bei der Einstellung und Installation von notwendigen Schutzmechanismen Hilfestellungen bieten.

Zusammen mit T-Online will Microsoft ein Sicherheitsbarometer etablieren, das auf einen Blick erkennen lässt, ob eine weit reichende Bedrohung im Internet besteht, die ein unmittelbares Handeln des einzelnen Internet-Nutzers erforderlich mache. Die Meldungen des Sicherheitsbarometers sollen "verständlich für Verbraucher und Unternehmen aufbereitet und über verschiedene Kommunikationskanäle zur Verfügung gestellt" werden. Das Online-Auktionshaus eBay versprach, ein Lernpaket zu erstellen, das Internet-Nutzer über sicheren Online-Handel und den Schutz ihrer persönlichen Daten aufklärt. Der Kinderschutzbund, die FSM sowie der Microsoft-Onlinedienst MSN verpflichteten sich, ein Portal für Kinder im Alter von acht bis 13 Jahren zu entwickeln, "das über die Möglichkeiten und Risiken der Neuen Medien aufklärt und sie befähigt, diese aktiv, kompetent und selbstbestimmt zu nutzen".

Im Rahmen der Inititative scheinen aber von keinem der Partner Hinweise oder Hilfestellungen für individuelle Computernutzer oder mittelständische Firmen dafür vorgesehen zu sein, dass unter Umständen auch der Einsatz von Alternativen zu Windows oder Microsofts Webbrowser etwa dem Schutz vor Attacken durch Viren und Würmer dienlich sein könnten. Im Vordergrund des "Ersten Gipfels zur Sicherheit in der Informationsgesellschaft" standen vielmehr die einzelnen Verpflichtungserklärungen, die die Handlungsversprechen der an der Initiative beteiligten Firmen und Organisationen umfassen. Die Vorhaben bleiben dabei weitgehend im Rahmen der vorhandenen Systemlandschaft. (jk)