Rechtsstreit über Offenlegung der Großhandelspreise für Musikdownloads

Marie Lindor, die von der US-Musikindustrie der Copyright-Verletzung beschuldigt wird, will erfahren, wieviel die Plattenfirmen im Großhandel für einen Song verlangen. Diese sträuben sich dagegen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 160 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Im Verfahren Universal Music Group und andere gegen die als "Musikpiratin" beschuldigte Marie Lindor lehnen die Kläger ab, den Großhandelspreis für Musikstücke offenzulegen, die etwa von Online-Musikshops an die Labels bezahlt werden müssen. Lindors Anwalt Ray Beckermann, der den Blog "Recording Industry vs The People" mitbetreibt, bezweifelt die Rechtmäßigkeit der vom Verband der Musikindustrie RIAA gestellten Schadensersatzforderungen von 750 US-Dollar je zum Filesharing bereitgestellten Song. Lege man den vermuteten Großhandelspreis von 0,70 US-Dollar je Stück zugrunde, würde ein wesentlich niedrigerer Forderungsrahmen anfallen – vorausgesetzt, Lindor werde eine Copyright-Verletzung nachgewiesen, ergibt sich aus den von Beckermann veröffentlichten Gerichtsdokumenten.

Die Musikindustrie hält die Informationen über die Großhandelspreise penibel zurück und beansprucht für sie in diesem Verfahren den Status eines Geschäftsgeheimnisses. Beckermann hatte aber im November bei dem Gericht eine Erweiterung des Verfahrens um die Überprüfung der Schadensersatzforderungen erwirkt. Die RIAA strebt nun an, falls der Großhandelspreis überhaupt zur Sprache komme, dann müsse er vor Gericht als vertraulich behandelt werden.

Beckerman sieht als einziges mögliches Argument für die Plattenfirmen an, dass sie ihre Preise für "strategische Optionen" zurückhalten wollten. Damit könnte Beckermann an den Verdacht anknüpfen, den auch der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer hegte und aus dem heraus er Ende 2005 Untersuchungen wegen Preisabsprachen unter den Plattenfirmen anstrengte. Und da die Plattenfirmen auch in anderen Verfahren gegen mutmaßliche Filesharer üblicherweise die 750-US-Dollar-Pauschale zugrunde legen, könnte in dem Verfahren gegen Marie Lindor ein Präzedenzfall geschaffen werden, durch den die Ansprüche der Musikindustrie geschmälert würden. (anw)