Die Woche: Lasst die Daten frei!

Frei zugängliche Daten – Open Data – können Transparenz und Innovation in Politik, Forschung und Wirtschaft fördern. Deutschland hängt da leider ein bisschen zurück.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dr. Oliver Diedrich

Die Idee hinter Open Data ist einfach: So wie offene Quelltexte die Weiterentwicklung von Software fördern, können für jedermann frei zugängliche Daten die Transparenz von politischen Entscheidungen erhöhen (Daten der öffentlichen Verwaltung), die Forschung voranbringen (wissenschaftliche Daten) und neue Anwendungen und Geschäftsmodelle hervorbringen (Daten aller Art).

Die Open Knowledge Foundation nennt als wesentliche Kriterien für Open Data die freie Nutzung der Daten zu beliebigen Zwecken sowie die Möglichkeit, sie weiterzugeben und zu modifizieren (beispielsweise mit anderen Daten zu kombinieren). Außerdem sollen die Daten möglichst in einem offenen Dateiformat und/oder online bereitgestellt werden, sodass sie sich leicht einlesen, analysieren und verändern lassen.

Open Data meint also so etwas wie das jüngst gestartete Daten-Portal des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, wo man umfangreiches Zahlenmaterial zu Forschung und Lehre findet. Die offenen Daten befinden sich im Umfeld von Ideen wie Open Access (freier Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen), Open Government (Transparenz und direkte Beeinflussbarkeit von Regierungshandeln) und Open Content (die Creative-Commons-Domäne freier "kultureller" Inhalte, also Musik, Filme, Bilder und Texte): Überall geht es letztlich um mehr Transparenz und Freiheit.

Die Erkenntnis, dass offene Daten nützlich sein können, hat sich – quasi auf den Fersen des Open-Source-Booms der letzten Jahre – schon recht weit verbreitet: Das Comprehensive Knowledge Archive Network CKAN listet über 2100 öffentlich zugängliche Datensätze (die allerdings nicht alle offen im Sinne der Definition oben sind). Viele davon stammen aus öffentlichen Verwaltungen, von Universitäten oder NGOs. Unternehmen tauchen als Quellen offener Daten kaum aus – nicht allzu überraschend: Auch die Erkenntnis, dass das Offenlegen des Quellcodes selbst entwickelter Software gut fürs Geschäft sein kann, hat sich nur langsam verbreitet. Und Daten sind ja irgendwie noch geheimeres "geistiges Eigentum".

Deutschland ist beim Thema Open Data übrigens auch unterrepräsentiert – nicht mal 40 Datensätze aus Deutschland tauchen im CKAN auf. Immerhin: Der Bundeshaushalt von 2006 bis 2010 sowie eine Vielzahl von Daten des Statistischen Bundesamts sind online zugänglich. Und gerade ist Apps für Deutschland angelaufen, ein bundesweiter Wettbewerb um die Nutzung offener Verwaltungsdaten unter der Schirmherrschaft des Innenministeriums.

Aber wie wenig der Gedanke offener Daten hierzulande angekommen ist, zeigt der neue Klimaatlas des deutschen Wetterdienstes. Den hübsch gestalteten Grafiken liegen Klimadaten seit 1881 zugrunde – an die aber leider kein Rankommen ist. Gegenüber Spiegel Online erklärte DWD-Sprecher Uwe Kirsche: "Die meisten Leute könnten mit solchen Datenmengen ohnehin nicht umgehen."

Die meisten Leute können auch mit Quellcode nichts anfangen. Trotzdem ist Open Source nicht unsinnig: Auch wenn nur wenige ein Programm verbessern und erweitern, profitieren am Ende doch alle Anwender davon. Gleiches gilt für offene Daten: Die neuen Zusammenhänge, die ein Statistiker in den Daten entdeckt, die originellen Visiualisierungen eines begabten Grafikers, die pfiffige App, die eine Wetterstatistik für den aktuellen Ort anzeigt – das kann natürlich nicht jeder selbst machen. Aber wenn es irgendjemand macht, nutzt es vielen. So und nur so kann die Open-Data-Idee ihr Potenzial entfalten. Daher: Lasst die Daten frei! (odi) (odi)