Bring Dein Gerät ruhig mit!

Bislang ist in vielen Unternehmen aus Sicherheitsgründen nur ganz bestimmte Smartphones erlaubt. Bei Colgate-Palmolive kann man jetzt eine Umkehrung des Trends erleben.

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Von
  • Robert D. Hof

Bislang ist in vielen Unternehmen aus Sicherheitsgründen nur ganz bestimmte Smartphones erlaubt. Bei Colgate-Palmolive kann man jetzt eine Umkehrung des Trends erleben.

Als die Manager von Colgate-Palmolive sich im letzten Jahr trafen, um zu beratschlagen, wie sich der 205 Jahre alte Markenartikler stärker in der digitalen Wirtschaft engagieren könnte, bekamen die Firmenführer von ihren eigenen Mitarbeitern einiges zu hören. Eine der lautesten Gruppen: die Fans von Smartphones, die ihre Geräte gerne endlich offiziell für Bürozwecke einsetzen wollten.

"Die Leute fragten: Warum kann ich meine Arbeits-E-Mail nicht auf meinem eigenen Telefon abfragen?", erinnert sich Linda Van de Wiele, die sich in der globalen IT-Abteilung des Multis als Direktorin mit dem Thema Mitarbeiterkooperation beschäftigt.

Bis vor kurzem betrachteten viele Firmen die Mobilgeräte ihrer Angestellten weniger als Produktivitätswerkzeug denn als mögliches Sicherheitsproblem . Die Mitarbeiter könnten sich ja beispielsweise auf unsichere Websites begeben, ihre Firmenpost an private Accounts weiterleiten oder Smartphones verlieren, die voller Firmengeheimnisse sind, hieß es oft.

Doch mit mehr als 468 Millionen Geräten aus der iPhone- oder Android-Kategorie, die laut einem Bericht des IT-Analysehauses Gartner in diesem Jahr verkauft werden sollen (von bis zu 70 Millionen Tablets ganz zu schweigen), lässt sich der Trend schwerlich ignorieren. Und: Viele Mitarbeiter machen ihren Job längst auf Consumer-Geräten – fast 37 Prozent laut einer aktuellen Umfrage sogar ohne offizielle Genehmigung ihrer Firma. "Das Volk revoltiert", sagt Kevin Cavanaugh, Vizepräsident der Collaboration-Solutions-Software-Gruppe bei IBM.

Das explosive Wachstum im Smartphone-Bereich führt nun dazu, dass sich in den IT-Abteilungen einiges ändert. Bis Anfang des Jahres erlaubte Colgate-Palmolive beispielsweise nur gut 1000 oberen Managern den Zugriff auf die Firmen-E-Mail-Server – mit konzerneigenen Blackberrys. Das entspricht gerade einmal knapp vier Prozent der gesamten Mannschaft (aktueller Personalstand: 26.000). Dabei besitzt in Amerika mittlerweile einer von drei Bürgern ein Smartphone.

Bei Colgate-Palmolive kam es deshalb zu einer erstaunlichen Kursänderung. Die Leute an ihren Schreibtisch zu binden sei nicht mehr zeitgemäß, sagt Van de Wiele. Die Herausforderung war nun, das antiquierte alte System abzulösen. Dabei mussten die Angestellten Laptops mit sich herumtragen und sich dann in ein privates Netzwerk einloggten, um E-Mail zu lesen. Der Konzern brauchte einen Weg, den Leuten die Nutzung persönlicher Telefone zu ermöglichen, um auf wichtige Anwendungen wie elektronische Post und Kalender zuzugreifen – und das möglichst ohne Extrakosten für die technische Unterstützung.

Vor kurzem war es schließlich so weit: Colgate-Palmolive startete ein Programm, das sich "Bring Your Own Device" (BYOD) nennt. Kernstück ist eine Website, die es Angestellten erlaubt, ihr persönliches Telefon oder ihr Tablet zu registrieren und eine IBM-App namens "Traveler" herunterzuladen, die dann Zugriff auf Kalender und Mails erlaubt – etwa von iPhone oder Android-Geräten aus. (IBM bietet die Software bestehenden Kunden kostenlos an, falls diese bereits Lotus Notes einsetzen.) Bereits am ersten Tag registrierten sich 400 Mitarbeiter, mittlerweile sind über 2500 aktive App-Nutzer in der Firma dabei – mit steigender Tendenz.

Colgate-Palmolive erwartet, dass BYOD auf lange Sicht Geld sparen wird. Nicht nur können mehr Mitarbeiter Büroarbeit unterwegs leisten, sie werden es auch auf Geräten tun, für die der Konzern gar nicht zahlen muss. Van de Wiele zufolge spart die Firma beispielsweise eine Million Dollar im Jahr für die 524 Mitarbeiter, die persönliche Blackberrys einsetzen. Wären das Firmengeräte, würde Research in Motion Lizenzgebühren verlangen.

Ein wenig Kontrolle über ihr Gerät müssen die Mitarbeiter allerdings abgeben, um bei BYOD mitzumachen: Colgate-Palmolive kann die IBM-Software nutzen, um Firmendaten aus der Ferne zu löschen. (Das gilt allerdings nicht für persönliche Informationen, Fotos oder Musik.) Wird ein Gerät gestohlen oder ein Mitarbeiter verlässt die Firma, kann Colgate-Palmolive sicherstellen, dass keine Konzerngeheimnisse in falsche Hände gelangen. Ob sich Mitarbeiter dadurch in ihrer Privatsphäre eingeschränkt fühlen, ist bislang allerdings noch nicht erforscht worden.

Nach dem Erfolg von BYOD für E-Mail und Kalender soll das Projekt nun ausgebaut werden. Getestet wird beispielsweise IBM Connections, eine Software, die eine Art Facebook oder Twitter für Firmenkunden implementiert. Nutzer können Status-Updates ebenso hinterlassen wie Dateien untereinander austauschen. Als nächstes sollen dann weitere Apps hinzukommen: Über einen eigenen Software-Laden, der beispielsweise Programme von SAP enthält, einem weiteren wichtigen Partner der IT-Abteilung von Colgate-Palmolive. (bsc)