Wirtschaft wettert gegen Einführung der E-Bilanz

Unternehmensverbände fürchten eine Kostenexplosion durch die Pflicht zur elektronischen Bilanz-Übermittlung. Sie reiben sich vor allem an erweiterten Auskunftsersuchen des Finanzministeriums zum Risikomanagement.

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In der Wirtschaft wächst der Widerstand gegen die geplante Einführung der E-Bilanz. Unternehmensverbände fürchten eine Kostenexplosion durch die Pflicht zur elektronischen Übermittlung ihrer laufenden Einnahmen und Ausgaben. "Die E-Bilanz war ursprünglich als Steuervereinfachung geplant", erklärte ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) gegenüber der "Welt". Jetzt seien Umstellungskosten und administrative Belastung für die Unternehmen in Milliardenhöhe zu befürchten, weil die Finanzverwaltung viel mehr wolle als nur eine einfache elektronische Übersendung der Steuerbilanz. Auch der Präsident der Bundessteuerberaterkammer, Horst Vinken, moniert, dass geforderten Daten über die bisher einzureichenden Unterlagen hinausgingen. Von einem Bürokratieabbau könne keine Rede sein. Er hoffe, dass das IT-Großprojekt nach dem Probelauf "kein zweites Elena wird".

Stein des Anstoßes sind vor allem erweiterte Auskunftsersuchen des Bundesfinanzministeriums. Dieses möchte die Bilanzinformationen in ein Programm zum Risikomanagement einspeisen, um ungewöhnliche Unternehmenszahlen automatisch erkennen zu können. Dafür reichten Updates der Standardsoftware von Firmen nicht aus, erklärt Albrecht Hoene von der Beratungsgesellschaft Syncwork. 1,3 bis 1,5 Millionen Unternehmen müssten hierzulande Systemänderungen und Schulungen ihrer Mitarbeiter durchführen. Die grüne Finanzpolitikerin Lisa Paus forderte die Bundesregierung mittlerweile auf, eine plausible Berechnung der Kosten der E-Bilanz sowie eine Erläuterung der vielen Auskunftspflichten vorzulegen. Das Finanzressort geht bislang allein von Mehrbelastungen der Wirtschaft in Höhe von insgesamt 500.000 Euro aus.

Bereits im vergangenen Jahres liefen Verbände gegen die Einführung der E-Bilanz zum Jahresende 2010 Sturm und konnten eine Verschiebung des Projektstarts durchsetzen. Derzeit soll das Vorhaben im Januar 2013 großflächig eingeführt und von 2014 an verbindlich werden. Laut einer Branchenumfrage (PDF-Datei) der Hamburger Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO AG haben rund drei Viertel der bilanzierenden Unternehmen noch nicht mit den Umstellungsmaßnahmen begonnen. Etwa 90 Prozent der Betriebe fühlen sich demnach nur teilweise oder unzureichend durch die Finanzverwaltung informiert und die Hälfte der Firmen kann den finanziellen Aufwand der Umstellung noch nicht abschätzen. 22 Prozent der Teilnehmer erwarteten einen Gesamtaufwand für die Umstellung von 10.000 Euro bis 50.000 Euro. 7 Prozent gaben an, voraussichtlich mehr als 50.000 Euro berappen zu müssen. An der vor Kurzem zu Ende gegangenen Pilotphase des Projekts hätten sich zudem nur 84 Unternehmen beteiligt.

Unter dem Motto "Elektronik statt Papier" beschloss die Politik mit dem Gesetz zum Abbau der Steuerbürokratie bereits Ende 2008 die Einführung der E-Bilanz. Der Gesetzgeber strebt damit eine Optimierung der Arbeitsabläufe zwischen Unternehmen und Verwaltung sowie eine deutliche Vereinfachung und Effizienzsteigerung auf Seiten der Finanzämter an. Doch gegen das Projekt werden inzwischen auch Sicherheitsaspekte ins Feld geführt. Durch die elektronische Übermittlung der Bilanzen müssten IT-Landschaften von Firmen nach außen geöffnet werden, was sie für Hackerangriffe verwundbarer mache, fürchten Security-Experten. (jk)