Urteil: Vorabprüfung von Forenbeiträgen ist unzumutbar

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf muss ein Forenbetreiber erst ab Kenntnis rechtswidrige Äußerungen seiner Nutzer löschen.

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Von
  • Holger Bleich

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf (Az. I-15 U 21/06) muss ein Forenbetreiber erst ab Kenntnis rechtswidrige Äußerungen seiner Nutzer löschen. Ihm könne es nicht zugemutet werden, aktiv nach Rechtsverstößen zu forschen oder gar alle Beiträge zu überwachen. Allerdings müsse er im Einzelfall nachweisen können, "unverzüglich" nach Kenntnisgabe monierte Beiträge geprüft und gegebenenfalls gesperrt oder gelöscht zu haben.

In einem Forum war eine Person mehrfach beleidigt worden und gab das dem Betreiber zur Kenntnis. Dieser sperrte nach eigenen Angaben die Beiträge, wollte aber nicht per Unterlassungserklärung versichern, dass solche oder ähnliche Beleidigungen künftig nicht wieder vorkommen können. Daraufhin ließ der in seinen Rechten Verletzte eine entsprechende einstweilige Verfügung erwirken, die vom Landgericht Düsseldorf bestätigt wurde. Diese Verfügung hob nun das OLG im Eilverfahren wieder auf.

Zwar sei der Forenbetreiber gemäß eines BGH-Urteils von 2004 grundsätzlich als Mitstörer zur Unterlassung der rechtswidrigen Postings verpflichtet. Eine Prüfungspflicht der Beiträge ergebe sich daraus aber selbst dann nicht, wenn wie im vorliegenden Fall ein erhöhtes Risiko weiterer massiver Rechtsverletzungen bestehe. Es sei nämlich nicht ersichtlich, "wie mit zumutbarem Aufwand der Verfügungsbeklagte Vorsorge gegen weitere Rechtsgutverletzungen hätte treffen können. Wirtschaftlich war es unzumutbar, Mitarbeiter in ausreichender Zahl zu beschäftigen, die das gesamte Forum mit seinen verschiedenen Diskussionsforen rund um die Uhr hätten überwachen können", so das Gericht.

Die Richter machten außerdem deutlich, was sie von technischen Filterlösungen zum Aufspüren von rechtswidrigen Beiträgen halten: "Eine Suche nach bestimmten Kennworten mag technisch ohne großen Aufwand realisierbar und bei Markenrechtsverletzungen auch sinnvoll sein, ist aber angesichts der unübersehbar großen Möglichkeiten, Äußerungen ehrverletzend zu formulieren, bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ersichtlich ohne großen praktischen Sinn."

Der Heise Zeitschriften Verlag hat als Forenbetreiber in einem ähnlich gelagerten Fall ein Verfahren verloren. Im so genannten "Heise-Foren-Urteil" verlangt das Landgericht Hamburg vom Verlag eine Überwachung der geposteten Inhalte durch Vorabkontrollen. Die dortigen Richter sehen wie das OLG Düsseldorf den Forenbetreiber gemäß der BGH-Rechtsprechung in der Störerhaftung. Das Düsseldorfer Gericht erkennt aber an, dass es für den Betreiber eines Forums lediglich zumutbar ist, ab Kenntnis eines Rechtsverstoßes das zugehörige Posting zu entfernen. Anders dagegen das Hamburger Gericht: Es fordert vom Betreiber, "entweder seine Mittel zu vergrößern oder den Umfang seines Betriebs [...] zu beschränken", um jeden Eintrag vor seiner Freischaltung einer juristischen Prüfung zu unterziehen. Der Verlag hat gegen die Entscheidung Berufung beim OLG Hamburg eingelegt. (hob)