Gehirnsensor für mehr Sicherheit

Die EEG-Chips des US-Herstellers NeuroSky interessieren erste Fahrzeughersteller: Sie wollen Müdigkeitssensoren in Kopfstützen einbauen.

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Von
  • Nic Fleming

Die EEG-Chips des US-Herstellers NeuroSky interessieren erste Fahrzeughersteller: Sie wollen Müdigkeitssensoren in Kopfstützen einbauen.

Ein neuartiger Sensor, der in die Kopfstütze von Autos eingebaut werden könnte, soll künftig feststellen, ob der Fahrer zu müde ist, um seine Fahrt sicher fortzusetzen. Dabei wird die elektrische Aktivität des Gehirns nach dem Elektroenzephalographie-Verfahren (EEG) gemessen und über eine Software abgeglichen. Bestimmte Hirnwellenmuster stehen dabei für Schläfrigkeit.

Das Problem an sich ist sehr real: Allein in den USA kommt es wegen Ermüdung am Steuer Jahr für Jahr zu 100.000 Unfällen mit 40.000 Verletzten und bis zu 1550 Toten, wie die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA ermittelt hat. Besonders auf monotonen Strecken wie langen Autobahnabschnitten ist das Problem akut.

Der Hirnsensor, der Schlafattacken möglichst genau, kommt von Neurosky, einer kalifornischen Firma, die bereits Elektroenzephalographie-Headsets (EEG) und passende Chips verkauft. Sie werden momentan für Computerspiele, den Fitnessbereich und die Marktforschung eingesetzt.

Bislang mussten EEG-Headsets allerdings mindestens die Kopfhaut berühren, um die an der Kopfoberfläche nur schwachen elektrischen Signale des Gehirns zu erfassen. NeuroSky zufolge können die neuesten Sensoren der Firma jedoch sogar durch Stoffe hindurch arbeiten – wie etwa dem Bezug einer Kopfstütze. Einige Endkunden-EEG-Headsets wie der Zeo werden zudem bereits zum Tracking von Schlafmustern verwendet.

"Wir wissen, dass wir mittlerweile zwischen den Gehirnwellen von jemandem unterscheiden können, der hellwach und aufmerksam ist, und denjenigen einer müden Person, die gleich am Lenkrad einschläft", meint NeuroSky-Sprecherin Tansy Brook. Es seien allerdings weitere Tests notwendig. "Wir können dabei aber jetzt schon sagen, dass die Technik realistisch umsetzbar ist."

NeuroSky ist derzeit in Verhandlungen mit drei großen Autoherstellern, die sich für den Einbau eines solchen Müdigkeitswarners interessieren. Diese haben laut Brook auch bereits Autositze und Kopfstützen für Tests bereitgestellt. Die neuen Sensoren, die keinen direkten Hautkontakt mehr benötigen, seien außerdem inzwischen so weit, dass eine Software Interferenzen ausfiltern könne, beteuert die Sprecherin. Welche Autohersteller zu den Partnern gehören, will sie allerdings nicht verraten – Gespräche zwischen General Motors und NeuroSky gab es aber bereits.

Schon jetzt besitzen Autos der Oberklasse erste Erkennungssysteme für das Müdigkeitsproblem. Dabei handelt es sich allerdings nur um Teillösungen. Bei Ford, Volvo und VW erkennen Kameras problematisches Fahrverhalten, indem die Position des Fahrzeugs relativ zur Fahrbahnmarkierung überwacht wird. Volvo räumt ein, dass die Technik nur bei Geschwindigkeiten über 60 km/h funktioniert – und zwar dann, wenn es gut sichtbare Fahrbahnmarkierungen gibt. Schon Schnee und Nebel machen Probleme.

Forscher arbeiten außerdem an Geräten, die sich auch nachrüsten lassen sollen. Sie verwenden Kameras, um matte Augenlieder oder andere im Gesicht feststellbare Anzeichen von Ermüdung zu erkennen. Die Ergebnisse sind bislang aber noch nicht zufriedenstellend, weil die Erkennungsalgorithmen beispielsweise nur unter bestimmten Lichtbedingungen sauber arbeiten.

"Bestehende Technologien lösen das Problem nur zum Teil, weil Fahrer im Fall von Müdigkeit oft unterschiedlich agieren", sagt Daniel Levin, Projektmanager bei Driver Alert Control, einem System, das seit 2007 in Europa und seit 2008 in den USA verbaut wird.

Louise Reynar vom Schlafforschungszentrum der Loughborough University in Großbritannien meint, das EEG-Signal sei grundsätzlich sehr schwach. "Allerdings wird die Elektronik besser und das Ausfiltern von Interferenzen gelingt immer zuverlässiger. Ab einem gewissen Punkt sollte es also gehen. Die Frage ist nur, ob NeuroSky wirklich schon so weit ist." (bsc)