Starkes Anwachsen der Auskunftsersuche durch neues Anti-Terrorpaket erwartet

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) sieht die neuen Befugnisse für Geheimdienste gerade im Verbund mit der geplanten Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten sehr kritisch.

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Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) sieht die neuen Befugnisse für Geheimdienste im Rahmen des gerade in Kraft getretenen Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes (TBEG) sehr kritisch. "Wir erwarten eine deutliche Zunahme der Auskunftsersuche über Daten der Kunden unserer Mitgliedsunternehmen", beklagt Oliver Süme, Vorstand der Providervereinigung. Ihn beunruhigt vor allem, dass sich dieser Trend zu einer deutlich vereinfachten und verstärkten Überwachung der Internetnutzer künftig noch deutlich auszuweiten drohe im Verbund mit der geplanten Einführung einer verdachtsunabhängigen und flächendeckenden Vorratsspeicherung aller Verbindungs- und Standortdaten aus der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung. Spätestens mit dem Inkrafttreten dieser pauschalen Überwachungsmaßnahme erwartet der eco laut Süme ein explosionsartiges Anwachsen der Datenabfrage bei den Privaten anhand der neuen Befugnisse.

Auf die Internetwirtschaft komme so eine "enorme Belastung" zu, gibt Süme zu bedenken. Er drängt daher erneut auf eine "angemessene Entschädigung" der betroffenen Firmen für den personellen und technischen Aufwand, den die Anfragen der Sicherheitsbehörden verursachen. "Es kann nicht angehen, dass Unternehmen immer stärker als Hilfssheriffs der Ermittlungsorgane in Anspruch genommen werden und der Staat die Kosten auf Dauer auf die Wirtschaft abwälzt", empört sich der Branchenvertreter. Dies gehe vor allem zu Lasten kleiner und mittlerer Unternehmen und zu Lasten der Kunden. Überdies würden die ausgeweiteten Abfragemöglichkeiten einen "erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger" darstellen.

Auch laut Max Stadler, Vorsitzender des Arbeitskreises für Innen- und Rechtspolitik der FDP-Bundestagsfraktion, entspricht das TBEG nicht dem Maßstab, dass Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus mit strikt rechtsstaatlichen Mitteln abzuwehren seien. Mit diesem Gesetz würden die vom früheren Innenminister Otto Schily initiierten erweiterten Befugnisse für die Geheimdienste verlängert, ohne dass es eine ausreichende Evaluierung über die Wirkung der "Otto-Kataloge" von 2002 gegeben hätte, moniert Stadler. Vor allem sei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum großen Lauschangriff nicht beachtet worden. Zudem habe es Schwarz-Rot versäumt, endlich die Kontrolle der Nachrichtendienste effektiver auszugestalten. Generell attestiert der Liberale der großen Koalition, sich "unsensibel gegenüber den Bürgerrechten" zu verhalten.

Das TBEG erleichtert es Geheimdiensten unter anderem deutlich, Auskünfte von privaten Unternehmen einzuholen. Neben dem Verfassungsschutz können künftig auch Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) Informationen bei Luftfahrtunternehmen, Banken, Post-, Telekommunikations- und Telediensteunternehmen einholen. Dies gilt nicht mehr nur bei Terrorverdacht, sondern auch im Rahmen der Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Inland. (Stefan Krempl) / (jk)