Schlagabtausch zu Anti-Terror-Gesetzen im Bundestag

Regierung und Opposition haben sich bei der 1. Lesung des Entwurfs zur Verlängerung der Befugnisse aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 47 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Vertreter der schwarz-gelben Regierungskoalition und der Opposition haben sich bei der 1. Lesung des Entwurfs zur Verlängerung der Befugnisse aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) im Bundestag gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz sprachen von einer Optimierung der Sicherheitsgesetze und einem hervorragenden Kompromiss. Jan Korte, Datenschutzexperte der Linken, warf den dagegen Liberalen vor, völlig versagt zu haben. Es entfalle an Befugnissen für die Geheimdienste nur, was nie angewandt wurde. Für Wolfgang Wielandt, sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen, bringt das Vorhaben ebenfalls keine Trendwende. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) habe Pfötchen gegeben.

Innenmenister Friedrich erinnerte daran, dass die Anschläge auf die USA vor zehn Jahren auch aus Deutschland heraus vorbereitet wurden. Die Anti-Terror-Pakeke hätten sich mittlerweile bewährt und dazu beigetragen, dass einige Terrorangriffe hierzulande im Vorfeld hätten verhindert werden können. Die Sicherheitsbehörden seien sehr sorgfältig und restriktiv mit diesen Befugnissen umgegangen. 2009 hätten sie viermal wegen Flugdaten angefragt, bei TK-Dienstleistern seien sie 64 Mal vorstellig geworden. Neu sei, dass die Behörden nicht mehr jede einzelne Fluggesellschaft abfragen müssten, sondern konzentriert auf die zentralen Buchungssystem zugreifen könnten. In der Finanzbranche sei der Rückgriff auf die Stammdaten möglich, sodass nicht mehr flächendeckend Konten bei vielen Instituten inspiziert werden müssten.

"Wir haben jede einzelne Vorschrift überprüft", versicherte auch FDP-Frau Piltz. Das größte Stück der Torte hätten dabei die Bürgerrechte abbekommen. So falle der kleine Lauschangriff zur Eigensicherung von Überwachern künftig weg. Die Höchstspeicherdauer personenbezogener Daten werde von 15 auf 10 Jahre zurückgesetzt. Allgemeine Sicherheitsüberprüfungen würden künftig transparenter gestaltet. Insgesamt sei das Gesetz in keiner Hinsicht verschärft, nur effizienter gemacht worden.

Korte rügte im Namen der Linken, dass die Anti-Terror-Pakete in einer Notsituation erlassen worden seien und nun der Ausnahmefall zur Regel wird. Die Geheimdienste dürften weiter Auskünfte bei Banken, Fluggesellschaften oder Telekommunikationsunternehmen einholen, wobei die zentrale Datenbezugsmöglichkeit bürgerrechtlich ein Horror sei und der Rechtsstaat unterhöhlt werde. Von einer Umkehr in der Innen- und Sicherheitspolitik könne keine Rede sein.

Schon der Titel des behandelten Gesetzesentwurfs sei verschleiernd monierte Wieland. Es gehe nicht um eine Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes (PDF-Datei), sondern um ein "Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz". Damit einher gingen zwar Verbesserungen; die Streichungen etwa der Postauskunft seien aber dürftig. Mit der zentralen Abfrage von Flugbuchungssystemen könnten dagegen "umfangreiche Bewegungsprofile" erstellt werden. Die Grünen seien nicht gegen die Verlängerung, lehnten aber Verschärfungen ab.

Die Sozialdemokraten zeigten sich uneins in der Bewertung des Vorstoßes. Ihr Innenexperte Dieter Wiefelspütz lobte, dass die völlig zerstrittene Bundesregierung etwas Vernünftiges tue und ein in der Substanz rot-grünes Gesetz vorgelegt habe. Nötig wäre eine Weiterentwicklung der Sicherheitsarchitektur, die den Rechtsstaat ins digitale Zeitalter transformieren würde. Wie das Beispiel Norwegen zeige, müsse mehr Demokratie die Kompassnadel sein. Zugleich sei der Gesetzgeber aber verpflichtet, den Sicherheitsbehörden ein angemessenes Handwerkszeug zu geben.

Wiefelspütz' Parteikollegin Christine Lamprecht erinnerte die Ausweitung bei den Bankdaten dagegen an das SWIFT-Abkommen zur Durchleuchtung internationaler Finanztransaktionen. Gleichzeitig rügte die SPD-Politikerin, dass die Koalition mit ihrem "zweiten Akt des schwarz-gelben Trauerspiels in der Sicherheitspolitik im Streit um eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung ein Einbringen Deutschlands in die Debatte um die Reform der entsprechenden EU-Richtlinie verhindere.

(jh)