Ministerrat fordert ungehinderten Netzzugang

In vier Dokumenten gibt der Ministerrat den Mitgliedern des Europarates Empfehlungen zur Netzpolitik. Dabei geht es unter anderem um grenzüberschreitend wirksame Netzsperren und den Status von Blogs als journalistische Medien.

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Von
  • Monika Ermert
  • Johannes Endres

Die 47 Mitgliedsstaaten des Europarates sollen den ungehinderten Zugang zum Netz gemeinsam besser schützen. Das empfiehlt der Ministerrat in vier Dokumenten zur Netzpolitik. In der Empfehlung zum Schutz von Universalität, Integrität und Offenheit des Internet geht es vor allem um die Verpflichtung der Staaten, Schaden auch vom Netz ihrer Nachbarn abzuwenden. Das gilt für großflächige Netzausfälle – etwa durch das Beschädigen von Kabeln oder durch Hacker-Attacken –, aber auch für negative Effekte nationaler Netzregulierung.

Gegenüber heise online sagte der Chef der Abteilung Informationsgesellschaft, Medien und Datenschutz beim Europarat, Jan Malinowski, bei dem im Frühjahr durch eine alte Dame gekappten Datenkabel nach Armenien hätten Netzprovider und Experten rasch und effektiv gehandelt. Eine offizielle Anerkennung, dass ein Staat dazu verpflichtet sei und besser noch vorab verhindere, dass so etwas passieren könne, gebe es aber bislang nicht. Malinowski sagte, die Empfehlung verpflichte Regierungen keinesfalls dazu, das Netz schärfer zu überwachen und mache sie auch nicht zwangsläufig für jeden Hacker verantwortlich.

Bedenken, dass Filteraktionen in einzelnen Ländern auch den Informationszugang in anderen Ländern einschränken, veranlasste den Europarat auch zur Verabschiedung der Erklärung zum Schutz von Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit im Internet unter Berücksichtigung von Internet Domains und Namen. Armenien etwa bekomme einen einerseits von russischer, andererseits von türkischer und iranischer Seite gefilterten Zugang zum Netz, sagte Malinowski. Die Türkei behindere den Informationsfluss in Bezug auf den Völkermord an den Armeniern.

Domains oder auch Top Level Domains wie .gay seien unter Artikel 10 und 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu schützen. Eine Überregulierung im Bereich Domains und Namenserweiterungen berge Risiken für die Grundrechte auf Informations- und Meinungsfreiheit, erklärten die Minister in ihrem Dokument.

Neue Verpflichtungen stecken allerdings durchaus auch im heute veröffentlichten Vierer-Paket. Die Empfehlung an die Mitgliedsstaaten, den Begriff Medien künftig deutlich breiter zu fassen ist zweischneidig: Zwar sollen soziale Netzwerke, Onlinespiele und Whistleblower-Seiten alle Privilegien klassischer Medien genießen können, etwa Quellenschutz und Schutz vor missbräuchlichen Verleumdungsklagen. Andererseits haben die so Geschützten sich an Spielregeln von Medien zu halten, von Werbetrennungsgeboten bis zu Gegendarstellungsauflagen.

Ganz allgemein zeigen die Europaratsdokumente, darunter auch die Nummer vier, die 10 Prinzipien zur Netzpolitik, dass die Regierungen darauf bestehen, das Internet zue gestalten. Möglicherweise stehe man vor einem "konstitutionellen Moment" für das globale Netz, sagte Malinowski, angesichts der vielen Überlegungen zu netzpolitischen Grundsätzen.

Auch darüber soll in der kommenden Woche beim IGF diskutiert werden. Unter das Motto "Maximale Rechte, minimale Restriktionen im Cyberspace" präsentiert sich der Europarat mit seinen Dokumenten auch beim bevorstehenden Internet Governance Forum (IGF) in der kommenden Woche in Nairobi.

(je)