Forscher wollen Provider und Staaten in Kampf gegen Netzzensur einbinden

Mit dem neuen Anti-Zensur-Werkzeug Telex wollen Wissenschaftler der University of Michigan Internet-Sperren zuverlässig umgehen. Jetzt suchen die Wissenschaftler nach Kooperationspartnern für einen großräumigen Test.

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Westliche Politiker wie die US-Außenministerin Hillary Clinton fordern von anderen Staaten in Grundsatzreden gerne Meinungsfreiheit im Internet ein. Beim Projekt Telex, das Forscher der Fakultät für Computertechnik der University of Michigan angeschoben haben, könnten Länder wie die Vereinigten Staaten nun aktiv dabei helfen, Zensur im Netz zu verhindern: indem sie ihre eigenen Server und die Infrastruktur großer Internet-Provider zur Verfügung stellen.

"Telex arbeitet mit einer Art Superproxy, der im Kern des Netzes steckt. Die Technik erlaubt es uns, große Teile des freien Internet zu einem Proxy zu machen", erläutert Telex-Macher Eric Wustrow im Interview mit Technology Review. Statt nur auf eine einzelne IP-Adresse oder Domain beschränkt zu sein, agiert Telex über einen großen Teil des Datenverkehrs hinweg, der den Zensoren auf den ersten Blick harmlos erscheint. "Würde man diesen Bereich blockieren, würden zahlreiche zugelassene Internet-Angebote blockiert, was die Wirtschaft eines Zensurlandes schädigen würde oder politisch nur schwer durchsetzbar ist."

Telex besteht aus zwei Hauptkomponenten: der Telex-Anwendung, die auf dem Rechner eines Nutzers läuft, und den Telex-Stationen bei Internetprovidern oder vor großen Servern, die den Datenverkehr in einem zensierten Land mit dem Rest des Netzes verbinden. Um das Ziel einer Datenanfrage zu verschleiern, arbeitet Telex mit Steganographie. Hierbei werden die eigentlichen Botschaften mittels spezieller Algorithmen in einer offen lesbaren Nachricht eingebaut, die nichts über den geheimen Inhalt verrät.

Von Regierungen und Providern erhofft sich das Telex-Projekt dabei tatkräftige Unterstützung. "Wird ein ganzes Land zensiert, nutzen wir eben das halbe freie Internet in einem anderen. Regierungen und Provider sind in der besten Position, Zensur zu bekämpfen – ganz im Gegensatz zu einzelnen Nutzern." Derzeit sind die Forscher dabei. ein größeres Prototypvorhaben anzuschieben, so Wustrow. "Dazu haben wir auch mit mehreren großen Providern gesprochen und werben Gelder ein. Wir hoffen, dass sich hier bald etwas tut."

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(bsc)