US-Regierung hat Wikileaks-Helfer weiter im Visier

Der Sicherheitsexperte Jacob Appelbaum ist weiter im Visier der US-Behörden. Nach Twitter wurden nun auch der Provider Sonic.net und Google aufgefordert, Daten über ihre Kunden an die Regierung herauszugeben – Grundlage ist ein umstrittenes Gesetz.

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[Update: Der US-Interprovider Sonic.net hat einem Zeitungsbericht zufolge Informationen über das E-Mail-Konto des Wikileaks-Helfers Jacob Appelbaum an die US-Regierung herausgeben müssen. Das Unternehmen habe damit einer unter Verschluss gehaltenen richterlichen Anordnung Folge geleistet, berichtet das Wall Street Journal am Montag. Auch Google habe eine solche Anordnung erhalten, es sei aber unklar, ob der Suchmaschinenriese ihr Folge geleistet habe. Google selbst äußere sich dazu nicht. Die Regierung habe unter anderem Auskunft über die E-Mail-Adressen verlangt, mit denen Appelbaum korrespondiert habe, nicht aber über Inhalte der E-Mails selbst.]

Appelbaum ist Sicherheitsexperte, Hacker und einer der Köpfe hinter dem Anonymisierungsprojekt Tor. Er ist bereits mehrfach ins Visier der US-Behörden geraten. Im Januar 2011 hatte die Regierung den Kurznachrichtendienst Twitter gezwungen, Daten über einige Nutzer herauszugeben, die mit Wikileaks in Verbindung standen – darunter neben Appelbaum auch die isländische Parlamentsabgeordnete Birgitta Jónsdóttir und der niederländische Hacker Rop Gonggrijp. Gegen diese von einem Richter im beschleunigten Verfahren abgesegnete Ermittlung läuft die Berufung.

Gegen den 28-jährigen US-Bürger Appelbaum wurde dem Bericht zufolge bisher keine Anklage erhoben. Bei geheimen richterlichen Anordnungen darf das Unternehmen zudem den betroffenen Kunden nicht über die Vorgänge informieren. Gegenüber CNET News erklärte Sonic-CEO Dane Jasper, dass zumindest die Geheimhaltungspflicht auf Antrag seines Unternehmens aufgehoben wurde und er Appelbaum über die Vorgänge informieren konnte.

Grundlage des Vorgehens der US-Regierung ist ein Bundesgesetz über Schutzbestimmungen für die elektronischen Kommunikation von 1986 zu Nutze. Im Unterschied zu einem regulären Durchsuchungsbeschluss müssen die Behörden für die fragliche Anordnung nicht konkrete Beweise vorlegen, sondern nur einen hinreichenden Verdacht darlegen. Ermittlern ist auf Basis des Gesetzes der Zugriff auf Informationen von serverbasierten E-Mailkonten oder Handy-Ortungsdaten möglich, ohne dass sie dafür einen Durchsuchungsbeschluss erwirken müssen.

Das vor dem Zeitalter des Internets in Kraft getretene Gesetz (Electronic Communications Privacy Act, ECPA) ist in den USA nicht unumstritten. Die Regelung sollte dem Bürger bei der sich damals entwickelnden elektronischen Kommunikation den gleichen Schutz vor willkürlichem Zugriff der Behörden gewähren wie bei Telefonaten oder Briefverkehr. Die technische Entwicklung ist inzwischen allerdings deutlich vorangeschritten. Laut Wall Street Journal gibt es Urteile, die die Verfassungskonformität der Regelung in Zweifel ziehen. Eine Gruppe namhafter IT-Unternehmen – darunter Google, Microsoft, Apple, Amazon und eBay – wirbt in Washington für eine Reform des ECPA. (vbr)