Kostenloses Wissen? Da kann ja jeder kommen!

Während den Universitäten das Wasser bis zum Hals steht, verdienen Wissenschaftsverlage immer noch gut an ihren Zeitschriften. Und das soll auch so bleiben.

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Die Bühne war dicht umlagert bei der Podiumsdiskussion “Darf Wissen etwas kosten“? (hier kann man sich eine Audio- Aufzeichnung anhören), die im Rahmen der Frankfurter Buchmesse stattfand. Und gemessen am Schlussapplaus war das Fachpublikum einigermaßen zufrieden.

Ich persönlich finde das aber ziemlich entmutigend und denke, ich hätte mir die Veranstaltung eigentlich sparen können. Denn auf den - sehr sehr vorsichtig formulierten - Vorwurf von Konstantin von Notz (MdB, Bündnis 90/Die Grünen), die Wissenschaftsverlage würden ihr Geld mit einer aus Steuergeldern finanzierten wissenschaftlichen Leistung - dem Verfassen wissenschaftlicher Artikel - verdienen, kam eigentlich kein echtes Gegenargument. Klar wurde nur, dass die Wissenschaftsverlage sich zwar nicht mehr offen gegen frei zugängliche „Open Access“ Zeitschriften im Internet sperren (sondern zum Teil sogar selbst welche betreiben). Aber jede Änderung der Spielregeln, die zu Lasten ihrer Rendite geht, lehnen sie schlicht ab. Punkt, Ende der Durchsage. Symptomatisch dazu die Aussage von Albrecht Hauff, Chef der auf Medizin spezialisierten Thieme Verlagsgruppe: Natürlich sei es auch heute schon jedem Wissenschaftler frei gestellt, seine Untersuchungsergebnisse auf der eigenen Homepage oder irgendwo sonst im Internet zu veröffentlichten. Das verbiete ihm ja keiner.

… So lange er nicht vorhat, diese Ergebnisse auch in einer Zeitschrift zu veröffentlichen, hätte Hauff eigentlich ergänzen müssen, aber das verschwieg er wohlweislich. Das sogenannte Zweitverwertungsrecht, also die Möglichkeit einen bereits veröffentlichten selbst geschriebenen Artikel noch einmal zu veröffentlichen, wird nämlich in den Geschäftsbedingungen der meisten Verlage explizit ausgeschlossen - oder zumindest stark eingeschränkt.

Nun könnte man sagen: Schwamm drüber. So ist es halt. Schade, dass die Bibliotheken nicht genügend Geld haben, um alle wichtigen Zeitschriften zu bezahlen. Aber von irgendwas müssen die Verlage ja leben - und die Herstellung wissenschaftlicher Journale in kleinen Auflagen ist nun mal teure Spezialistenarbeit. Kann man nichts machen.

ABER das Internet, elektronische Publikationen, soziale Netze und neue Medien bieten die Möglichkeit, ganz anders wissenschaftlich zu arbeiten als früher: Schneller, effizienter, kollektiver und ergebnisortierter. Was derzeit unter dem Stichwort „Wissenschaft 2.0“ diskutiert und auf Plattformen wie Mendeley und Researchgate ansatzweise realisiert wird - eine Art Facebook für Wissenschaftler - bietet die Chance, den Prozess Wissenschaft an sich erheblich zu beschleunigen. Das setzt aber voraus, dass die Zugangshürden für wissenschaftliche Veröffentlichungen möglichst niedrig sind. Die traditionellen Wissenschaftsverlage spielen in diesem Spiel aber eher die Rolle von Fortschrittsverhinderern statt die der Innovatoren.

Wohlgemerkt: Es handelte sich nicht um irgendeine Veranstaltung, sondern um DIE deutsche Buchmesse. Es handelte sich nicht um irgendein Publikum, sondern um Profis aus der Verlagsbranche. Die waren aber offenbar nicht gekommen, um über Ideen für die Zukunft zu diskutieren, sondern um ihre Meinung bestätigt zu bekommen. Und die lautet: Es soll alles so bleiben, wie es ist.

(wst)