MP3-Tantiemen: Sammelklagen könnten Labels teuer kommen

Mit einigen Sammelklagen in den USA gehen Künstler gegen die gängige Praxis der Labels vor, bei der Berechnung von Tantiemen für das Onlinegeschäft die für den Tonträgerhandel üblichen Pauschalen abzuziehen.

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Sammelklagen gegen große Plattenlabels in den USA könnten die Unternehmen teuer zu stehen kommen. In den Klagen fordern Musiker nachträglich höhere Tantiemen aus dem Onlinegeschäft der Labels. Bisher schütten die großen Plattenfirmen für Musikdateien und Klingeltöne Tantiemen an Künstler und Produzenten aus, deren Berechnung sich am Tonträgerverkauf orientiert. Nach einem vom US-Rapper Eminem gegen Universal Music erstrittenen rechtskräftigen Urteil ist das digitale Geschäft allerdings nicht als herkömmlicher Tonträgerverkauf, sondern als Lizenzierung zu werten.

Am Dienstag hat Carlton Douglas Ridenhour alias Chuck D. eine Sammelklage (PDF-Datei) gegen die Universal Music Group eingereicht. Der Mitgründer Hip-Hop-Legende Public Enemy will für alle betroffenen UMG-Künstler eine Änderung der Praxis und Nachzahlungen samt Zinsen erwirken. UMG bezweifelt die Zulässigkeit der Sammelklage, da Plattenverträge nicht alle gleich seien. Einzelklagen könnten sich aber wohl nur einige gut verdienende Musiker leisten.

Zuvor hatte Eminem nach einer Niederlage in erster Instanz vor dem Berufungsgericht die Feststellung erstritten, dass die Verträge der Labels mit iTunes & Co Lizenzvergaben und keine Verkäufe sind. Denn die Musikindustrie räume den Online-Shops das Recht zur Vervielfältigung ein. Eine Überprüfung dieser Entscheidung wurde vom US Supreme Court abgelehnt, wodurch sie rechtskräftig wurde. (F.B.T. Productions, Inc. v. Aftermath Records, 621 F.3d 958, 2010)

Die viele Jahre üblichen Verträge der Labels sehen für Lizenzeinnahmen eine höhere Beteiligung der Urheber vor. Den Vertrieb von MP3-Dateien und Klingeltönen behandelten die Labels allerdings wie das Geschäft mit CDs und LPs – und machten auch die bei Tonträgern üblichen Abzüge geltend. So ziehen die Labels auch im CD-Zeitalter immer noch die aus Zeiten der Schellack-Schallplatte stammende Pauschale für auf dem Vertriebsweg zerbrochene Tonträger ab. Dazu kommen weitere Abzüge, etwa für "Verpackungskosten" oder Urheberrechtsabgaben für "mechanische Vervielfältigung".

Vom Rest erhalten Künstler und Produzenten in diesem Beispiel 30 Prozent, viele Verträge sehen aber nur 5 oder 10 Prozent vor. So bleiben von 999 Dollar, die Verbraucher für 1000 MP3-Downloads ausgeben, in der Regel nur ein- bis zweistellige Dollarbeträge für den Urheber. Betrachtet man den digitalen Vertrieb aber als Lizenzgeschäft, dürfen die Label die meisten Abzüge nicht mehr veranschlagen und müssen üblicher Weise 50 Prozent ausschütten.

In zwei ähnlichen Verfahren treten die Nachlassverwalter des Musikers Rick James und der Rocker Rob Zombie gegen UMG an (James vs. UMG als PDF). Wie Chuck D. stützen sie sich auf ein kalifornisches Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Bewegung gibt es auch bei einer bereits 2006 eingereichten Sammelklage von Cheap Trick und den Allman Brothers gegen Sony BMG (PDF-Datei). In allen Verfahren geht es um Verträge bis Anfang des Jahrtausends, in den vergangenen Jahren neu abgeschlossene Plattenverträge gehen auf digitalen Vertrieb gesondert ein und sehen wieder niedrigere Ausschüttungen vor. (vbr)