Das fehlende Puzzleteil

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Von
  • Herbert Braun

Das fehlende Puzzleteil

Im Oktober war die Flash-Welt noch in Ordnung. Auf seiner Entwicklerkonferenz begeisterte Adobe das Fußvolk mit einem Hardware-beschleunigten Flash Player, dem eine große Zukunft bei 3D-Spielen bevorzustehen schien. Auch Erfolge der Multiscreen-Kampagne, die Flash auf möglichst viele Geräte bringen sollte, vermeldete der Software-Konzern.

Nur zwei Wochen später gab Adobe auf: Der Flash Player für Mobilgeräte wird nicht mehr fortgeführt.

Auf den ersten Blick scheint das keine große Sache zu sein. Flash ist nie wirklich auf dem Smartphone angekommen. Die meisten Mobil-geräte haben keinen Flash Player und in den übrigen spielt er eine ungeliebte Nebenrolle. Probleme mit dem Ressourcenverbrauch und der Touch-Bedienung hat Adobe nie in den Griff bekommen. Betriebswirtschaftlich gesehen scheint die Einstellung also vernünftig - schließlich sind immer noch 99 von 100 Desktop-Rechnern und Laptops mit dem Player ausgestattet.

Aus strategischer Sicht ist die Entscheidung dagegen fatal. Adobe hat sich von der Idee verabschiedet, den Player auf alle dafür tauglichen Geräte zu bringen. Dessen enorme Verbreitung war jedoch immer schon das Killer-Argument für Flash. Dass die mobile Internetnutzung noch viele Jahre kräftig wachsen wird, gilt als unstrittige Banalprognose. Zu den Mobilgeräten zählen auch Tablets, die wohl bald schon das Feierabend-Surfen dominieren werden - gerade dort wäre doch eigentlich die Flash-Zielgruppe zu suchen.

Mobilgeräten gehört die Zukunft. Wer nicht für sie baut, hat keine mehr - so einfach ist das. Dass das Unternehmen gleichzeitig 750 Arbeitsplätze streicht, verstärkt diese Botschaft noch. Ohne es zu wollen, hat Adobe den Anfang vom Ende des Flash Players bekanntgegeben.

Und Silverlight? Das scheint sogar noch früher über den Jordan zu gehen. Die immer mal wieder durch den Raum wabernden Gerüchte um eine baldige Einstellung von Microsofts Flash-Konkurrenten verdichten sich gerade: Die demnächst erscheinende Version 5 soll die letzte sein, raunen informierte Kreise. Und die Webanwender werden es in ihrer großen Mehrheit noch nicht einmal bemerken.

Ironischerweise suchen die Flash- und Silverlight-Macher ihr Heil genau dort, wo das Problem herkommt: in Mobilgeräten. Adobe empfiehlt Flash-Entwicklern, ihre Schöpfungen mit AIR zu nativen Apps zu verschnüren. Silverlight hat mit Windows Phone ein zweites Standbein. Wurde nicht auch Java ein Riesenerfolg, obwohl kein Mensch mehr Applets haben will?

Nicht auszuschließen, dass das klappt, aber momentan sehen Flash und Silverlight eher wie Dinosaurier aus, die verblüfft die Meteoriteneinschläge am Horizont beobachten. Vielleicht ist ja auch in der Nische für historische Plug-ins neben Real Player und Shockwave ein gemütliches Plätzchen frei.

Bei einem fehlenden Plug-in zeigen die Browser oft ein Puzzleteil-Symbol an. Auch wenn uns Flash sicher noch ein paar Jahre erhalten bleibt: Es sieht so aus, als wäre mit HTML5 das fehlende Teil gefunden. (heb)