EU-Innenminister vereinbaren Austausch von DNA-Daten und Fingerabdrücken

Der Rat der europäischen Innen- und Justizminister hat der Einführung des gemeinsamen Visa-Informationssystems (VIS) abschließend zugestimmt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 176 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Der Rat der Innen- und Justizminister der Europäischen Union hat sich erwartungsgemäß am heutigen Dienstagmorgen in Luxemburg auf die Einführung des gemeinsamen Visa-Informationssystems (VIS) per Verordnung geeinigt. Ein ebenfalls angenommener Ratsbeschluss erlaubt den Zugriff auf die von Visanehmern in den EU-Mitgliedsländern gespeicherten "alphanumerischen und biometrischen Daten". Man könne dadurch den Handel mit Visa bekämpfen, sagte der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble, der die letzte Sitzung der EU-Innenminister unter deutscher Präsidentschaft leitet. VIS soll bis Dezember 2009 einsatzbereit sein, bereits zum Ende 2008 soll das Schengener Informationssystem (SIS I) laufen und damit die Schengen-Erweiterung realisiert sein.

Besonders zufrieden zeigte sich Schäuble auf der anschließenden Pressekonferenz auch darüber, dass die als Projekt der deutschen Präsidentschaft vorangetriebene Umsetzung des sogenannten Prüm-Vertrags in EU-Recht ebenfalls verabschiedet wurde. Der Prümvertrag erlaubt für die Verfolgung schwerer Straftaten und die Bekämpfung des Terrorismus einen direkten Zugriff auf zahlreiche Datenbanken wie nationale DNA-Datenbanken, Fingerabdruckkarteien und KFZ-Register. Als er die Initiative zur Umsetzung in EU-Recht Ende vergangenen Jahres vorgestellt habe, hätten viele Beobachter skeptisch reagiert, sagte der Minister, "jetzt ist es beschlossene Sache".

Er hoffe nun auf eine rasche Umsetzung, mit der nach dem heutigen Ratsbeschluss die Mitgliedsländer beauftragt sind. Allerdings gebe es keinen "Big Bang", so Schäuble, zu dem alle 27 Mitgliedsstaaten die Regeln komplett umgesetzt hätten. Auch die Vertragsstaaten arbeiteten nach und nach daran, die verschiedenen Datenbanken zu vernetzen. Finnland etwa sei aus "Begeisterung" über die Möglichkeiten durch den Prümer Vertrag während der finnischen Präsidentschaft beigetreten und arbeite aktuell an der Einbindung seiner Datenbanken.

Österreichische und deutsche Strafverfolger tauschen ihre DNA-Daten so schon seit Ende vergangenen Jahres aus, erläuterte Schäuble. "Der österreichische Kollege sprach von sensationellen Ermittlungserfolgen", rühmte der deutsche Innenminister die Möglichkeiten. Justizkommissar Franco Frattini sagte den Mitgliedsstaaten für das kommende Jahr finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung der Prüm-Bestimmungen zu. Er habe dazu bereits konkrete Projekte beschlossen. Das zentrale VIS-System soll 2009 einsatzfähig sein.

Frattini und Schäuble betonten darüber hinaus, dass im Zuge des verbesserten Datenaustauschs auch ein Ratsbeschluss für den Datenschutz bei polizeilicher Zusammenarbeit auf den Weg gebracht werden solle. "Minister Schäuble und ich stehen hier beim Europäischen Parlament im Wort", sagte Frattini. Das Parlament hatte in seinen Beratungen den Weg für VIS frei gemacht und auch Prüm grundsätzlich positiv beurteilt. Bei Prüm und beim VIS-Zugriff war es allerdings lediglich in beratender Funktion gefragt. Man habe sich verpflichtet, so Frattini, noch vor Ende der portugiesischen Ratspräsidentschaft einen Beschluss auf den Tisch zu legen. Bei dem Thema sei man sich politisch einig, ergänzte Schäuble.

Ein solcher Rahmenbeschluss zum Datenschutz könnte dann allerdings gewisse Anpassungen an den jetzt verabschiedeten Beschlüssen und Verordnungen erfordern. Es gehe dabei aber nicht nur um die Ausgewogenheit der Rechte auf Sicherheit und Datenschutz, sagte Frattini, vielmehr sei der Datenschutz-Rahmenbeschluss auch wichtig, "weil wir unsere Verhandlungsposition stärken müssen, wenn mir mit internationalen Partnern wie den USA über Dinge wie PNR und Swift verhandeln". Ein Datenschutzrahmenbeschluss für den Datenaustausch zwischen Strafverfolgern könnte in solchen Verhandlungen zur Untermauerung des EU-Standpunktes dienen. Das Interims-Abkommen zum Austausch von Fluggastdaten läuft am 1. Juli aus. Schäuble sagte den Journalisten, er werde seine Kollegen heute nachmittag über den Stand der laufenden Verhandlungen unterrichten. Er sei noch immer optimistisch, "dass wir es noch vorher schaffen können". Zur Weiterleitung von Bankdaten aus dem internationalen Zahlungsverkehr durch Swift sagte Frattini, er sei in äußerst positiven Verhandlungen mit dem US-Finanzministerium. (Monika Ermert) / (vbr)