Bundesregierung will Änderung des Patentübereinkommens ratifizieren

Die Kanzlerin hat dem Bundesrat zwei Gesetzesentwürfe zur Umsetzung der Ergebnisse der diplomatischen Konferenz aus dem Jahr 2000 zur Revision des Vertrags zur Erteilung europäischer Patente mit Eilfrist weitergeleitet.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dem Bundesrat zwei vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzesentwürfe zur Umsetzung der Ergebnisse der diplomatischen Konferenz aus dem Jahr 2000 zur Revision des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) mit Eilfrist weitergeleitet. Es handelt sich dabei zum einen um das Vertragsgesetz (PDF-Datei), in dem die gesamte Akte zur Überarbeitung des internationalen Abkommens angeführt wird. Dazu kommt die Vorlage für ein entsprechendes Umsetzungsgesetz (PDF-Datei), mit dem die Änderungen am Patentübereinkommen in einer Reihe weiterer Gesetze wie dem Bundespatentgesetz konkretisiert werden sollen.

Der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation (EPO), die über das EPÜ und seine Ausführung durch das Europäische Patentamt (EPA) in München wacht, hatte sich im Vorfeld der diplomatischen Zusammenkunft zunächst für eine Lockerung des Ausschlusses von Software vom gewerblichen Rechtsschutz ausgesprochen. Die EPO-Mitgliedsstaaten konnten in dieser Frage aber keine Einigkeit erzielen. Die Neufassung des EPÜ enthält daher nach wie vor in Artikel 52 eine Klausel, wonach Computerprogramme "als solche" nicht patentierbar sind. Das EPA legt diese Bestimmung aber seit längerem sehr weit aus und vergibt aktuell jährlich laut Bundeswirtschaftsministerium rund 6000 Patente auf so genannte computerimplementierte Erfindungen. Dabei werden etwa Verbesserungen in der Speicherverwaltung eines Rechners oder die Erhöhung des Kontrastes eines Bildes durch eine gemischte Hard- und Softwarelösung als schützenswert angesehen, da sie angeblich einen Beitrag zum Stand der Technik liefern.

In der Begründung zum Umsetzungsgesetz betont die Bundesregierung nun ganz in diesem Sinne, dass "die Patentierbarkeit von computergestützten technischen Erfindungen grundsätzlich möglich ist". Ob und gegebenenfalls nach welchen Kriterien hier "im Einzelfall" Patentschutz zu gewähren sei, bleibe weiterhin der Rechtsprechung überlassen. Schon im ursprünglichen Änderungsvorschlag (PDF-Datei) des EPO-Verwaltungsrates war eine ähnliche Einschätzung zum Ausdruck gekommen. Demnach hätten das EPA und seine Beschwerdekammern das EPÜ stets so ausgelegt und angewendet, dass die Ausnahmevorschrift in Artikel 52 "einen angemessenen Schutz für softwarebezogene Erfindungen in keiner Weise verhindert". Jüngere Entscheidungen der Beschwerdekammern der Münchner Behörde hätten bestätigt, "dass Computerprogramme, die einen technischen Effekt bewirken, in der Regel patentierbare Gegenstände sind."

Außerdem verabschiedet sich die Bundesregierung endgültig vom geplanten Übereinkommen für ein Gemeinschaftspatent der EU. In der Begründung für den Entwurf für das Umsetzungsgesetz ist ohne große Ausführungen zu lesen, dass das einstmalige intergouvernale "Vorhaben zur Errichtung eines Gemeinschaftspatents endgültig gescheitert ist". Es sei daher besser, zur Vermeidung von Irrtümern jeglichen gesetzlichen Verweis auf ein einheitliches EU-Patent aus den einschlägigen Gesetzen zu streichen. Generell wird in Brüssel aber nach wie vor halbherzig versucht, auf anderen Wegen zu einem Gemeinschaftspatent zu kommen. Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hatte auf diesem Gebiet zumindest im vergangenen Jahr wiederholt einen "letzten Anlauf" angekündigt.

Für "Besorgnis erregend" halten Beobachter vom Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) zudem an der Akte mit den Beschlüssen der diplomatischen Konferenz, dass der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation, in dem vor allem Vertreter der nationalen Patentämter und -gerichte sowie des EPA sitzen, deutlich weiter reichende Befugnisse erhalten soll. So könne das Gremium künftig gemäß den nun zur Ratifizierung anstehenden Ergebnissen weite Teile des EPÜ ohne Einberufung einer neuen diplomatischen Konferenz ändern. Dies betreffe unter bestimmten Bedingungen auch den elementaren Artikel 52.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)