Microsoft will sich die "Object Test Bench" patentieren lassen [Update]

Ein Patentantrag von Microsoft sorgt für Aufregung, weil die beschriebene Technik schon seit Langem in einer Java-Entwicklungsumgebung gesteckt haben soll. Mittlerweile kündigte Microsoft an, den Antrag zurückzuziehen.

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Von
  • Hajo Schulz

Für Aufregung sorgt derzeit ein Patentantrag, den Microsoft bereits im Oktober 2005 eingereicht hat und der im November letzten Jahres veröffentlicht wurde. In ihm geht es im Kern um die "Object Test Bench", einen in Microsofts Entwicklungsumgebung Visual Studio 2005 enthaltenen Mechanismus, mit dem man Objekte testweise instanziieren, visualisieren und interaktiv ihre Methoden aufrufen kann, ohne den Quelltext ihrer Klassen vorliegen zu haben.

In dieser Beschreibung erkennen die Entwickler der Java-Entwicklungs- und -Lernumgebung BlueJ nun auffallend genau eine Kernkomponente ihres Systems wieder. Schon Mitte der 90er-Jahre habe es interaktive Objekt-Instanziierungen und -Aufrufe in einem Vorläufer von BlueJ gegeben, schreibt Michael Kölling, einer der Entwickler hinter BlueJ, in seinem Blog. Er habe nie explizit behauptet, Erfinder dieser Technik zu sein, und auch nicht nach ähnlichen Implementierungen von vor 1994 gesucht, halte deren Existenz aber durchaus für möglich. Als er im Mai 2005 davon erfahren habe, dass Microsoft eine "Object Test Bench" in das neue Visual Studio einbauen wolle, habe er nichts dagegen gehabt, sei aber ein wenig verärgert darüber gewesen, dass die Redmonder sie als Innovation aus eigenem Hause anpriesen.

Befremdlich an der Patentanmeldung ist, dass zumindest einige Microsoft-Mitarbeiter gewusst haben müssen, dass es diese Technik bereits zuvor gegeben hat: Schon im Mai 2005, also fast ein halbes Jahr vor der Einreichung der Patentschrift, lieferte sich Kölling ein Blog-Duell mit Dan Fernandez, damals Microsofts Product Manager für Visual C#. In dessen Blog heißt es, beim Einbau der Object Test Bench ins Visual Studio seien die Entwickler von Feedback seitens Lehrern beeinflusst gewesen, die den Umgang mit BlueJ gewohnt seien. "Meine Interpretation dieses Statements ist im Wesentlichen, dass unsere akademischen Kunden das wegen des Erfolgs dieses BlueJ-Features wollten." Entsprechend verärgert äußert sich denn auch Michael Kölling in seinem aktuellen Beitrag: "That stinks."

[Update]:
Mittlerweile hat Microsoft offenbar eingesehen, dass die Patentanmeldung keine gute Idee war: Dan Fernandez schreibt in einem Blog-Eintrag vom gestrigen Sonntag dazu, dass sie ein Fehler war, der nicht hätte passieren sollen. Microsoft werde den Antrag zurückziehen. Er bitte Michael Kölling und die BlueJ-Community aufrichtig um Entschuldigung. (hos)